Fremde Menschen fallen sich auf der Königstraße um den Hals. Foto: Lichtgut

Sogenannte „Free-Hugger“ verteilen auf dem Schlossplatz gratis Umarmungen. Viele Passanten nehmen das Angebot an. Manche sehen es gar als Zeichen für mehr Menschlichkeit in der Stadt.

Stuttgart - Der Anlass für die „Birthday Special Editon“ sitzt noch in der S-Bahn. Insa Schipper gehört zum harten Kern der Stuttgarter „Free-Hug“-Szene und hat sich verspätet. Weil sie Geburtstag hat, versammeln sich ihre Mitstreiter am Samstag auf dem Schlossplatz. Sie tun das, was sie seit zwei Jahren immer wieder machen: Passanten mehr oder weniger lang umarmen, die sie vorher noch nie gesehen haben.

Markus Koch hat sich vor zwei Jahren zum ersten Mal mit einem Schild auf den zentralen Platz der Landeshauptstadt gestellt. Zuvor habe er von der Free-Hug-Kampagne gelesen, die 2004 in Australien ihren Anfang nahm, sagt er. Koch hat auf dem Schild auf Englisch die Worte „Free Hug“ geschrieben. Auf Deutsch heißt das „Freie Umarmung“ und es bedeutet, dass jeder, der will, in die Arme genommen wird. Koch hält auch heute wieder sein Schild hoch. Elke Hieber tut es ihm in einigen Metern Entfernung gleich.

Passanten reagieren unterschiedlich

Es sei spannend, wie die Menschen auf dem Schlossplatz reagierten, meint Koch. „Einige machen einen weiten Bogen und andere fangen an zu lächeln“, sagt er. In der kommenden halben Stunde nehmen junge Frauen auf einem Junggesellinnenabschied, italienische und amerikanische Touristen sowie eine Frau, die auf der Königstraße Broschüren der Zeugen Jehovas verteilt hat, die gratis Umarmung in Anspruch. Ein Mann gesellt sich zu den Free-Huggern. Auch er hält für einige Minuten ein Schild mit den Worten „Free Hugs“ in die Höhe und umarmt Passanten ein paar Mal. „Einmal kam eine Frau auf mich zu und hat mich umarmt. Sie hat sich dann bedankt und gemeint, sie haben so einen harten Tag gehabt und genau das gebraucht“, sagt Hieber. Die Passantin Kerstin Fritzsche erklärt nach einer Umarmung, warum sie die Free-Hugs-Kampagne unterstützt. „Es kann nicht genug umarmt werden. Ich hoffe, dass solche Aktionen dazu beitragen, dass wir freundlicher und menschlicher miteinander umgehen“, sagt sie.