Der populäre Oppositionspolitiker Vitali Klitschko. Foto: EPA

Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko ruft zur Fortsetzung der Demonstrationen auf. Kiew will weiter mit der EU verhandeln.

Der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko ruft zur Fortsetzung der Demonstrationen auf. Kiew will weiter mit der EU verhandeln.

Kiew - Selten sind Spaltung und Konfrontation in der Ukraine so offen sichtbar geworden wie an diesem Wochenende. In der Hauptstadt Kiew demonstrieren am Sonntag erneut mehr als 100.000 Menschen für eine Annäherung an die EU und gegen das Regime von Viktor Janukowitsch. „Dies ist ein Tag der Würde“, lautet die zentrale Losung. „Lasst uns vereint kämpfen für ein besseres Leben in einem besseren Land“, ruft der populäre Oppositionspolitiker Vitali Klitschko der Menge zu, über deren Köpfen zahllose blau-gelbe ukrainische und EU-Flaggen wehen.

Fast zeitgleich marschieren auch bis zu 20.000 Anhänger des Präsidenten auf. Redner der regierenden Partei der Regionen schlagen kriegerische Töne an. Der Abgeordnete Wadim Kolesnitschenko sagt: „In Sewastopol haben wir einen Panzerzug in gutem Zustand. Für ihn ist es ein Leichtes, hierherzurollen und die nötigen Salven auf diese Schurken abzufeuern.“ Er fügt hinzu: „Wir werden keine Waffen brauchen.“

Überall in der Stadt sind Sicherheitskräfte mit Schlagstöcken, Helmen und Schutzschilden im Einsatz, um beide Lager notfalls zu trennen. Die Janukowitsch-Anhänger verlegen ihre Kundgebung kurzfristig aus dem unmittelbaren Stadtzentrum in einen Park unweit des Parlamentsgebäudes.

Noch am Samstag hatten die rivalisierenden Parteien zu Zehntausenden nur wenige Hundert Meter entfernt voneinander demonstriert. Starke Polizeiketten mussten sie getrennt halten. Die Stimmung ist auch am Sonntag angespannt.

Die prowestlichen Protestierer versammeln sich rund um den Maidan, den Unabhängigkeitsplatz im Herzen von Kiew. Tausende Oppositionelle harren dort seit Ende November aus. Damals hatte Janukowitsch ein Assoziierungsabkommen mit der EU platzen lassen und die Europa-Revolution ausgelöst. Die Demonstranten haben Barrikaden und eine Zeltstadt errichtet. „Die Menschen sind hier, um ihre Würde zu verteidigen“, sagt der Architekt Igor Zarikowski. „Uns reicht es, dass es keine Arbeit gibt und die Polizei unsere Kinder verprügelt.“

Am Dienstag reist Janukowitsch erneut nach Moskau, um mit Kremlchef Wladimir Putin ein umfangreiches Kooperationspaket zu schnüren. Die EU ihrerseits ließ am Sonntag in harschem Ton wissen, man werde die Arbeit am Abkommen mit der Ukraine vorerst aussetzen. Erweiterungskommissar Stefan Füle empörte sich im Online-Dienst Twitter, Janukowitsch unterlaufe ständig die Vorschläge seiner eigenen Emissäre in Brüssel: „Worte und Taten liegen immer weiter auseinander.“ Aus Kiew verlautete, die Ukraine wolle weiter mit der Europäischen Union über ein Partnerschaftsabkommen verhandeln – trotz Füles Erklärung. Die Regierung werde nur offizielle Mitteilungen der EU berücksichtigen, sagte der Sprecher von Regierungschef Nikolai Asarow.

Die Opposition auf dem Maidan verlangt inzwischen mehr als den EU-Vertrag. Die Anhänger von Klitschko fordern den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen. Sie wollen den Regimewechsel. Janukowitsch lehnt diesen ab. Am Freitag war ein Gespräch der Rivalen am Runden Tisch ergebnislos geblieben. An einem nächsten Treffen will der Präsident nicht teilnehmen.