Seit 20 Jahren ist Wommy Wonder das Mittel der Wahl gegen die Sommerdürre. Bei der Premiere ihrer neuen Show gelang ihr ein echter Coup.

Stuttgart - Da geht man nichts ahnend zur Travestieshow, und mir nichts, dir nichts singt man gemeinsam mit Gotthilf Fischer „Wenn alle Brünnlein fließen“. Bei der Premiere ihres neuen Programms mit dem passenden Motto „Na so was!“ hat Wommy Wonder alle überrascht. Wer die wandelbare Lady kennt, weiß, dass ihre Elfriede Schäufele – die Paraderolle als Raumpflegerin „von eigenen Gnaden“ mit Lockenwicklern und Kittelschurz – seit Jahren bei den Fischerchören singt, aber dass der Meister selbst . . . Wär hätte das gedacht. „Du siescht schneidig aus“, sagte der strahlende Fischer zum gut und gern einen Meter größeren Fräulein. Das konterte spitzzüngig: „Ich möchte das Kompliment ja gern zurückgeben, aber da müsste ich lügen.“

Wie seit 20 Jahren tritt Wommy auch diesen Sommer wieder sechs Wochen in Folge in Stuttgart auf (bis zum 4. September in wechselnden Besetzungen). Viele ihrer zahlreichen treuen Fans unter den Premierengästen vermissen immer noch das Renitenztheater, dessen Plüschigkeit so schön zu der schrägen Mischung aus Travestie, Comedy und Kabarett gepasst hat. Aber selbst das nüchterne, wenn auch gut klimatisierte Sparda-Eventcenter hat mittlerweile aufgrund liebevoller, tagelanger Dekoarbeit und dank Erdnüsschen und Salzbrezelchen auf den Tischen eine heimelige Atmosphäre. 20 Jahre, und dennoch: „Panik, Panik, Panik“ war die Stimmungslage hinter der Bühne vor der Show.

Völlig grundlos – souverän riss Wommy den Abend. An ihrer Seite: Schwester Bärbel und am Piano Tobias Becker, „der Star jeder Ladies Night im Henriettenstift“. Aber auch sich selbst gegenüber war das füllige Fräulein gnadenlos: „Hier steht Stuttgarts größter Kortisonbunker. In Ludwigsburg wär ich das blühende Barock.“ Der einen Hälfte des Publikums erging es nicht besser: Wommy hob ihr Glas: „Mädels, auf die Männer, die wir lieben, und die Penner, die wir kriegen.“ Und endlich wissen wir auch, was „CSD“ heißt, nämlich „Christus sucht dich“, und wofür „MS“ Europa steht, für „Mumienschlepper“.

Die Wonder, alias Michael Panzer, auf der Schwäbischen Alb aufgewachsen und mit abgeschlossenem Theologiestudium (katholisch!) ausgestattet, gab auf der Bühne alles, und das ist ziemlich viel. Trotz aller Gags: Das Lied beim (halbseitigen) Abschminken kam aus tiefstem Herzen. „Meine Träume sind mein Leben.“

Classic Rock trifft Gospel

Das kann genauso auch über der Vita von David Hanselmann stehen. 1967, als Wommy das Licht der Welt erblickte, gründete der Sänger seine erste Schülerband. Es folgten viele bekannte Formationen: The Dudes, The Union, Mad Chick of Soul. Lange war Hanselmann als Sänger auch bei Pur dabei. Er war keiner der ganz Großen – in der Region aber ein großer Name auf dem Gebiet des Classic Rock. Den spielt er mit seiner Band Risk bis Sonntag auch wieder im Friedrichsbau-Varieté – allerdings steht er dort erstmals gemeinsam mit Jimmi Love und seinem Gospelchor Harlem Praise Family auf der Bühne. Ein Experiment, denn: „Gospel mag ich unheimlich gerne“, sagt Hanselmann, „wenn ich die Lieder höre, bin ich bis in meine nicht vorhandenen Haarspitzen motiviert.“

„Rockin’ Hallelujah“ heißt die Show, die für ihn auch eine ganz persönliche Dimension hat. Vor knapp zwei Jahren erkrankte er an Rachenkrebs, war monatelang im Krankenhaus. Singen, so wurde ihm erklärt, würde er wohl nie wieder können. Er hat das Wunder geschafft, auch wenn er nicht mehr alles geben kann. „Bei 30 Prozent Herztätigkeit muss man haushalten. Ich habe immer einen Hocker dabei.“ Er habe während seiner Krankheit viele Bekannte und Musikerkollegen verloren, erzählt er. „Was bleibt mir eigentlich, wenn ich mich selbst auch noch aufgebe?“, habe er sich gefragt. Der 64-Jährige hat sich zurückgekämpft, mithilfe der Musik, die seit 50 Jahren ein wichtiger Bestandteil seines Lebens ist. Und er ist sich ganz sicher: „Musik ist ein Heiler.“