Die Messstelle an der Friedrichstraße in Ludwigsburg Foto: factum//Simon Granville

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Fahrverbote unverhältnismäßig sein können – auch wenn in einer Stadt die Luft noch unsauber ist. Für Ludwigsburg ist das ein wichtiges Signal. Die Stadt will statt Autos nun Laster aus Teilen der City verbannen.

Ludwigsburg - Gebannt haben das Ludwigsburger Rathaus und vermutlich viele Dieselfahrer in dieser Woche nach Leipzig geblickt. In dem Rechtsstreit zwischen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und dem Land Baden-Württemberg sowie der Stadt Reutlingen hat das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag ein wegweisendes Urteil gefällt. Anders als der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof im vergangenen Jahr erklärten die Leipziger Richter jetzt, dass Fahrverbote unverhältnismäßig sein können, obwohl in einer Stadt die Grenzwerte für Stickstoffdioxid noch nicht eingehalten werden.

Weil der Fall zahlreiche Parallelen zu Ludwigsburg aufweist, wird dem Urteil in der Barockstadt erhebliche Bedeutung beigemessen. „Natürlich ist das ein positives Signal und ein Fingerzeig“, sagt der Oberbürgermeister Matthias Knecht, selbst gelernter Jurist. Er habe sich schon immer gewundert, dass die Gerichte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in vorangegangenen Urteilen nicht höher gewichtet hätten.

Für die Deutsche Umwelthilfe ist das Urteil ein Rückschlag

Für die Umwelthilfe ist der Richterspruch ein Rückschlag. Die Organisation hat wegen der schlechten Luftqualität zahlreiche deutsche Städte ins Visier genommen und war vor Gericht stets sehr erfolgreich. Auch Ludwigsburg stand in der Auseinandersetzung mit der DUH bislang auf verlorenem Posten. Im November entschied der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof, dass das Land für die Stadt einen Luftreinhalteplan entwickeln muss, der auch ein Diesel-Fahrverbot beinhaltet. Wie einst Reutlingen hat kürzlich auch Ludwigsburg dagegen Revision eingelegt. Der Ludwigsburger Fall wird voraussichtlich Ende des Jahres in Leipzig verhandelt.

Die Chancen der Stadt, die Fahrverbote unter allen Umständen verhindern will, dürften nun gestiegen sein. Denn – auch das eine Parallele zu Reutlingen – die Stickstoffdioxidbelastung an der am höchsten belasteten Stelle in Ludwigsburg, an der Friedrichstraße, ging in den vergangenen Jahren stetig zurück. Zuletzt rückte der Wert mit 46 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nah heran an den Grenzwert von 40 Mikrogramm. Hinzu kommt, dass im Umfeld der Messstelle sogar noch bessere Werte gemessen werden. Das Regierungspräsidium, das für die Luftreinhaltepläne zuständig ist, sieht damit keine rechtliche Grundlage mehr für ein Fahrverbot, während die DUH an ihrer Einschätzung festhält: Das Fahrverbot müsse kommen.

Lastwagen sollen von den Hauptverkehrsachsen verbannt werden

Die Stadt will die Zeit bis zu der Verhandlung nutzen, etwa den Busverkehr verbessern oder Tempolimits verschärfen, damit die Luft noch sauberer wird. Wie jetzt bekannt geworden ist, wurde unlängst auch ein Lkw-Durchfahrverbot in das Maßnahmenpaket aufgenommen. „Wir prüfen das“, bestätigt Knecht. Er halte ein solches Verbot vor allem für stark belastete Strecken wie die B 27 oder die Schwieberdinger Straße für sinnvoll und sehe aktuell keine rechtlichen Hinderungsgründe. „Spätestens im zweiten Quartal dieses Jahres werden wir sicher wissen, ob wir das umsetzen können.“

Betroffen wären von dem Verbot ausschließlich Lastwagen, die Ludwigsburg als Transitstrecke nutzen, also nur durch die Stadt fahren, weil die Autobahn oder andere Straßen überfüllt sind. Die Zufahrt zu den Unternehmen vor Ort soll weiterhin möglich sein.