Jens Jessberger (Cheesy) zeigt seine Holzaccessoires. Foto: Tilman Baur

Mehr als 60 regionale Aussteller und freier Eintritt: am Wochenende hat der dritte Übermorgen-Markt auf dem Marienplatz in Stuttgart stattgefunden.

S-Süd - Entwicklungshilfe? Dieses Wort hört man bei Stay gar nicht gern. Auf dem Übermorgen-Markt, der auf dem Marienplatz stattgefunden hat, ist die Stuttgarter Stiftung mit einem Stand vertreten. „Wir wollen uns von der klassischen Entwicklungshilfe abgrenzen“, sagt Praktikant Steffen Nussbeutel. Denn die sei kurzsichtig und habe nicht viel gebracht.

Statt selbst Projekte in Uganda zu leiten, macht die Stiftung Einheimische zu sogenannten Sozialunternehmern und stellt ihnen ein Budget zur Verfügung. Sie bilden in ihren Dörfern Lehrer, Krankenschwestern und Händler aus und sorgen so dafür, dass die Bewohner Zugang zu Bildung, Gesundheit und Einkommen erhalten. „Wir verfolgen die Vision einer Wohlfahrtsspirale“, sagt der 20-Jährige. Wie alle Stiftungen sei Stay auf Spender angewiesen, so Nussbeutel. Auf dem Markt gehe es aber eher darum, weitere Ehrenamtliche zu gewinnen.

Die Uhren von Cheesy sind Unikate

Gegenüber hat Jens Jessberger seinen Stand aufgebaut. Der 29-jährige Stuttgarter ist Geschäftsführer der Firma Cheesy und hat sich ganz dem Werkstoff Holz verschrieben. „Ich hatte schon immer einen starken Bezug dazu, meine Großeltern hatten eine Holzwerkstatt“, so Jessberger. Nach dem Studium vor fünf Jahren gründete er sein Start-up. Inzwischen vertreiben allein in Stuttgart sieben Geschäfte seine aus dem nachwachsenden Rohstoff gefertigten Uhren, Handyhüllen und Brillen. „Das besondere ist die Haptik, die Uhren sind Unikate. Außerdem tragen sie sich angenehm, man schwitzt nicht so wie bei Leder“, sagt Jessberger.

Zum dritten Mal ging der Übermorgen-Markt von Freitag bis Sonntag über die Bühne. Die Macher des gleichnamigen Magazins haben ihn 2016 ins Leben gerufen. Die Idee: regionale Start-ups und Vereine sollten eine Plattform erhalten, um sich und ihre Einfälle zu präsentieren. Mehr als 60 Aussteller sind dieses Mal gekommen. Lässt man das übergeordnete Thema Nachhaltigkeit einmal beiseite, scheint der Markt keine thematischen Grenzen zu kennen. Ein Verein namens Tour de Sens bietet Reisen für Blinde und Sehbehinderte an. Ein paar Meter weiter wirbt das Stuttgarter Start-up The Female Company mit der Frage „Läuft bei dir?“ für Bio-Tampons.

Klammerlose Tacker und entspannender Hanfkakao

Unweit davon bietet ein Aussteller klammerlose Tacker an. Vor dem Stand mit „entspannenden Hanfkakao für Weltverbesserer“, Chili Choc, bildet sich eine Menschentraube. Die Stuttgarter Stadtwerke sind auch vertreten: Mit dem hellblauem Elektroroller Stella leisten sie seit zwei Jahren ihren Beitrag zur Luftreinheit. Und da Nachhaltigkeit immer auch politisch ist, passt der Stand des Vereins Die Anstifter gut ins Konzept des Markts. „Wir sind das Netzwerk der Netzwerke“, sagt Geschäftsführerin Julia von Staden. Stuttgarter Bürgern, die sich engagieren möchten, wolle man eine Heimat geben.

Auf dem Übermorgen-Markt geht es freilich nicht nur um Ideen und Konzepte, sondern auch ums umweltverträgliche Essen. Stärkung gibt es durch fair gehandelte Früchte aus Portugal, Hohenloher Bio-Flammkuchen, Eis ohne Farb- und Zusatzstoffe oder einen Riesling von einem Öko-Weingut aus der Region.

Alejandro Bonilla ist mit seinem Betrieb Monsieur Renards Garten eigentlich auf Konfitüren spezialisiert, die er seinen Kunden im Kupferkessel liefert. „Sie basieren auf Rezepten aus dem Elsass und werden ohne Geliermittel und Zusatzstoffe hergestellt, sondern nur mit Obst, Zitrone und Zucker“, sagt Bonilla. Seit vier Jahren betreibt der 29-Jährige zusammen mit einem Geschäftspartner seine Manufaktur mit zwei Ladengeschäften in Stuttgart. Weil die Sonne am Freitag zu heiß auf den Marienplatz drückt, hat er die Marmelade daheim gelassen. Stattdessen gibt es direkt gehandelten Kaffee, Cappuccino und Espresso. Den bezieht Bonilla von Schwarzmahler, einer Stuttgarter Kaffeemanufaktur.

Die Organisatoren fordern die Besucher dazu auf, aus Umweltgründen eigene Tassen oder Becher mitzubringen und so den Verbrauch an Einwegbechern einzuschränken und so die Botschaft zu leben, die dem Übermorgen-Markt am Herzen liegt.