Wie das Wetter wird, war und ist für Bauern wichtig. Ihre Beobachtungen über lange Zeit sind zu Bauernregeln geworden. Foto: Stock Adobe/Oliver Henze

Bauernregeln werden seit Jahrzehnten über Generationen weitergetragen: Voraussagen über das Wetter. Doch was ist an ihnen eigentlich dran?

Filder - Pünktlich zu den Eisheiligen, vom 11. bis 15. Mai, ist es vergangene Woche nachts wieder frostig geworden – auch auf der Filderebene. Viel Regen, in den Nächten auch Frost. Bis die letzte Eisheilige, nämlich die kalte Sophie, vorbei ist, sollten Hobby-Gärtner mit der Aussaat warten, heißt es. Es könnte ansonsten sein, dass alles erfriert. Die Eisheiligen sind damit so etwas wie die Grenze zwischen Winter- und Sommerhalbjahr für die Gärtner und Bauern.

Doch was gilt eigentlich noch von diesen Bauernregeln, in Zeiten, in denen sich der Planet aufheizt und Jahreszeiten sowie Wetterlagen deutlich anders ausfallen als anno dazumal?

Bauernregeln sind von Generation zu Generation weitergegeben worden. Sie bringen beobachtete Regelhaftigkeiten in Reimform, die gleichzeitig einen vorhersagenden Charakter haben. Die meisten Bauernregeln befassen sich mit Wetterphänomenen. Im Mittelalter wurden oft Heilige, bekannt aus dem Gottesdienst, mit dem Wetter in Verbindung gebracht.

Es war lange völlig unklar, was von den Bauernregeln zu halten ist, ob sie zutreffen oder eher Humbug sind. Ende des 20. Jahrhunderts hat man begonnen, sie statistisch zu überprüfen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Regeln eine hohe Trefferquote haben. Man muss allerdings wissen: Sie sind oft auf einen lokalen oder regionalen Kontext bezogen.

Das sagt der Streuobstexperte

Wenn Walter Hartmann nach den diesjährigen Eisheiligen gefragt wird, sagt er nur: „punktgenau.“ Kaum standen sie im Bauernkalender, sind die Temperaturen runtergegangen. Deshalb hat sich Walter Hartmann aus Bonlanden vergangene Woche auch Sorgen um seine Tomatenpflänzchen gemacht. Die waren schon zu sehr gewachsen, „ich musste sie dauernd umstellen“, er meint: im Haus. Deshalb sind sie bereits vor den Eisheiligen in den Garten umgezogen. „Aber ich habe sie abgedeckt“, sagt Walter Hartmann. Und er wird es noch ein paar Nächte so handhaben, auch wenn die Kalte Sophie längst vorüber ist. Erst vor Kurzem habe er nachts weniger als vier Grad im Garten gehabt, erzählt der Mann aus Bonlanden. Fünf Grad oder drunter, „das tut den Tomaten weh“. Seine haben es überlebt.

An Bauernregeln, sagt Walter Hartmann, „ist schon ein Körnchen Wahrheit dran. Sie beruhen auf Erfahrungen und Beobachtungen von Menschen über Jahrhunderte“. Für sein Fachgebiet, den Obstbau, bringen ihm die alten Sprüche der Landwirte allerdings wenig bis nichts. „Die Bäume stehen ja da, da kann man nichts machen.“

Das sagte der Landwirt

Spricht man Klaus Brodbeck auf Bauernregeln an, wirkt er amüsiert. „Wir werden immer wieder mit solchen Sprüchen konfrontiert.“ Manche der Regeln kenne er selbst nicht, obwohl er Landwirt ist. Und einige seien nicht mehr zeitgemäß – etwa jene zum Siebenschläfertag am 27. Juni. „Sprüche, die besagen, dass das Wetter für eine längere Zeit so bleibt wie an einem bestimmten Tag, sind überholt“, sagt der Möhringer Landwirt. Da sei der Wetterbericht verlässlicher und für ihn und seine Kollegen auch deutlich wichtiger.

Allerdings seien nicht alle Bauernregeln Unsinn. Viel Verlass sei beispielsweise auf die Eisheiligen – auch in diesem Jahr. „Anfang vergangener Woche hatten wir Bodenfrost“, berichtet er. Für den Weinbau, für Obstbäume sowie für manche Gemüsesorten sei dies fatal. „Wir versuchen deshalb, empfindliche Sorten wie Kürbisse, Gurken, Tomaten, Erbsen oder Bohnen nicht vor den Eisheiligen auszusäen.“ In manchen Jahren würden die Eisheiligen zwar ausfallen, aber als Landwirt habe man gewissen Respekt rund um die Tage zwischen dem 8. und 15. Mai.

Dass es im Juni „Donnerwetter“ geben müsse für eine fette Getreideernte, stimme gewissermaßen auch. „Zwar brauchen wir keinen Donner. Aber wenn es im Juni zu trocken ist, wird das Getreide nicht so gut“, erläutert Klaus Brodbeck. Ähnlich sei es mit der Bauernregel zum Septemberregen. „Bei uns auf den Fildern hat das Filderkraut eine große Bedeutung. Und da ist es tatsächlich so: Das Kraut wächst vor allem in den langen und kalten Nächten, dann nämlich schließen sich die Krautköpfe. Und dafür braucht es Regen.“

Das sagt die Hobby-Gärtnerin

Einige Pflanzen von Christine Sterzer warten noch darauf, eingesetzt zu werden. Die 80-jährige Vaihingerin wollte erst die Eisheiligen abwarten – nicht, dass die empfindlichen Gewächse erfrieren. In dieser Woche allerdings will sie die Pflanzen ins Freie bringen. Ihr Garten ist ihr Hobby. Jedes Jahr gibt sich die Vaihingerin sehr viel Mühe, ihn bunt zu bepflanzen. Auch, wenn sie das im Alter nicht mehr alleine schafft – es ist ihr ein Herzensanliegen, dass es zwischen Frühjahr und Spätherbst blüht. „Gerade jetzt“, erzählt sie, „fangen die Pfingstrosen an“.

Die Bauernregeln sind der Hobby-Gärtnerin wohl bekannt. Zwar seien sie nicht verbindlich gültig, sagt Christine Sterzer, „aber vieles trifft doch zu“. Sie habe sogar einen Kalender mit Bauernregeln, sagt die Vaihingerin. Und sie schaue schon gern darauf, auch wenn einiges inzwischen sicherlich überholt sei. Dennoch: „Das sind Lebensweisheiten, die sich über eine lange Zeit angesammelt haben“, sagt Christine Sterzer. So wie die „Regeln“ zu den Eisheiligen, wie „Pflanze nie vor der kalten Sophie“. Die Eisheiligen haben in diesem Jahr ihrem Namen alle Ehre gemacht. Die Hobby-Gärtnerin ist froh, ihre Pflanzen nicht zu früh nach draußen gesetzt zu haben. „Aber jetzt nimmt alles Fahrt auf. Im Garten ist immer etwas zu tun“, sagt Christine Sterzer.