Das schönste Weihnachtsgeschenk für Johannes wäre eine Knochenmarkspende. Foto: privat

Erst zwei Jahre ist Johannes alt – und muss doch schon um sein Leben kämpfen. Er hat Blutkrebs. Eine Typisierungsaktion soll die Chance, einen Stammzellenspender zu finden, erhöhen. Doch wie bewältigt die Familie diese schwere Zeit?

Ludwigsburg - An Alltag ist für die Eltern von Johannes seit Monaten nicht zu denken. An Schule – beide sind Lehrer – schon gleich gar nicht. Gerade in der konsumberauschten und dauerfröhlichkeitsdominierten Weihnachtszeit zeigt das Beispiel der Ludwigsburger Familie, was wirklich wichtig ist. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ihr kleiner Sohn den Blutkrebs überwindet. Dass er unbesorgt mit seiner kleinen Schwester aufwachsen und sein Leben leben darf.

Johannes hatte um seinen ersten Geburtstag herum, im November 2018, gerade begonnen, die Welt auf zwei Beinchen zu erkunden. Auf der Jugendfarm zu sandeln oder Tiere wie den Esel Ronja zu streicheln, gehörte für den fröhlichen Jungen zum Höchsten. Doch kurz darauf, im Januar 2019, konnte er plötzlich nicht mehr gehen, nicht einmal mehr sitzen.

„Wir waren ein halbes Jahr ohne Diagnose“

Die Untersuchungen ergaben, dass seine Knochen zu dünn waren, doch nicht, was die Ursache dafür war. Im März brach sich das Kind beide Oberschenkel und Schienbeine. Für die Familie begann eine entsetzliche Zeit, denn trotz zweimaliger Knochenmarkpunktion ließ sich nicht herausfinden, welche zerstörerische Kraft in Johannes’ Körper wirkte. „Wir waren ein halbes Jahr ohne Diagnose. In dieser Zeit lösten sich ihm bei lebendigen Leib die Knochen auf. Er hatte starke Schmerzen und Fieber“, berichten die Eltern. Erst eine dritte Punktion brachte Klarheit über Johannes’ Zustand. Die Leukämie hat sich so in seinem Körper versteckt, dass sie erst diesmal nachweisbar war.

Die Chemotherapie gab zunächst Anlass zur Hoffnung. „Johannes vertrug sie außerordentlich gut“, so die Eltern, „er musste sich nur von einem Medikament erbrechen, hatte auch kein Fieber oder keine Infektionen, die vielen anderen Kindern regelmäßig nach Chemophasen wochenlange Klinikaufenthalte bescheren, da ja auch das Immunsystem angegriffen wird.“ Die Krebszellen im Körper des Buben wurden weniger.

Freunde und Weggefährten helfen der Familie

Umso härter traf die Familie vor wenigen Wochen die Nachricht, dass Johannes die Krankheit nun doch nicht ohne einen Knochenmarkspender besiegen kann. Diesen Spender zu finden, dabei soll am 14. Dezember eine Typisierungsaktion der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) helfen. Freunde, Bekannte und Weggefährten setzten alle Hebel in Bewegung, um die Aktion auf die Beine zu stellen. „Zum Beispiel haben sich sofort Handball-Vereinskameraden meines Mannes vom Eichenkreuz Höfingen oder Kollegen von seiner früheren ehrenamtlichen Ferienarbeit bei der Stadtranderholung Leonberg als Helfer gemeldet“, erzählt Johannes’ Mama.

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Johannes’ Onkel unterhält einen Instagram-Account, andere Helfer organisierten die Ludwigsburger Feuersee-Mensa für die Typisierung oder verteilten und teilten das Flugblatt, etwa bei Bosch, Mercedes, der Polizei, Wüstenrot, Mann & Hummel, den MHP-Riesen „oder in Whatsapp als Status“, meint die Mama dankbar. Ein Mannschaftskollege von Johannes’ Papa, der bei der Stadt Ludwigsburg arbeitet, bewirkte, dass der Flyer an jedem Weihnachtsmarkt-Stand aufgehängt werden darf, dessen Betreiber es gutheißt.

Leben im Ausnahmezustand

Das Leben im Ausnahmezustand kann die Familie nur bewältigen, weil Mutter und Vater gleichzeitig in Elternzeit sind. Denn es ist ja nicht nur der kranke Johannes zu umsorgen, sondern auch sein gerade ein Vierteljahr altes Schwesterchen. „Meine Frau ist zuständig für das Baby“, erzählt der Papa. „Ich bin kümmere mich vor allem um Johannes und begleite ihn bei stationären Klinikaufenthalten.“ Oft ist auch die Oma im Krankenhaus dabei.

Selbst die Uroma tut ihr Möglichstes: Sie hilft bei der Wäsche. Und Johannes’ Onkel kommt nach der Arbeit oft noch vorbei, um mit Johannes zu spielen oder Musik zu hören. „Das ermöglicht es uns, in dieser Zeit abzuspülen oder Hausarbeiten zu erledigen, damit wir dann wenigstens noch eine oder eineinhalb Stunden für uns haben, wenn die Kinder zur Nacht ins Bett gebracht sind“, sagt das Ehepaar.

Der Sonnenschein der Onkologie

Was der Familie in dieser Ausnahmesituation Kraft schenkt? „Dass wir füreinander da sind“, steht für Johannes’ Papa fest. „Besonders meine Frau leistet Unheimliches: Sie erledigt einen Großteil des Haushaltes und kümmert sich noch um das Baby, ohne jemals die Nerven zu verlieren“, sagt er. „Ansonsten lässt uns das Wissen, dass wir nichts unternehmen können, außer Johannes ein möglichst schönen Alltag zu bescheren können, die Situation aushalten. Das hält uns auch nahezu immer davon ab, in Tränen auszubrechen oder die Nerven zu verlieren. Unsere Kinder brauchen uns in dieser schlimmen Lage in möglichst normaler und guter Verfassung.“ Kraft schenke ihnen zudem die Hoffnung, „dass Johannes noch völlig gesund werden kann“.

Johannes selbst, der seit Januar nicht mehr gehen kann, ist sehr tapfer und ein Stehaufmännchen – „ein wahrer Sonnenschein in der Onkologie“, berichten seine Eltern. „Er hat aber auch manchmal Angst vor bestimmten Untersuchungen oder davor, dass Mama und Papa gehen.“ Während er am Anfang noch beim Anblick grüner Kittel oder vor Untersuchungen zu schreien begann, winkt er den Schwestern mittlerweile. Und beim Abschied kräht er ihnen ein „Tschüss“ zu.

Typisierungsaktion Wer gesund ist und 17 Jahre bis 55 Jahre alt, kann sich am Samstag, 14. Dezember, von 11 bis 16 Uhr in der Ludwigsburger Feuersee-Mensa, Karlstraße 21, als potenzieller Stammzellenspender registrieren lassen. Auch um Geldspenden wird gebeten.