Vorspiel zum Derby an der Wurfbude: Die Geschäftsführer Jürgen Schweikardt (TVB 1898 Stuttgart) und Gerd Hofele von Frisch Auf Göppingen Foto: Baumann

Premiere in der Porsche-Arena: Erstmals treffen an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) der TVB 1898 Stuttgart und Frisch Auf Göppingen in der Handball-Bundesliga aufeinander. Die Geschäftsführer der beiden Clubs freuen sich über die neue Konkurrenzsituation.

Meine Herren, erinnern Sie sich noch an den 11. Dezember 2013?
Schweikardt: Also ich schon. Unser Lars Friedrich scheiterte Sekunden vor Schluss an Frisch-Auf-Torwart Primoz Prost. Göppingen rettete sich im DHB-Pokal-Achtelfinale gerade noch so in die Verlängerung. Hofele: Am Ende gewannen wir glücklich mit 39:36, aber der TVB hätte damals die Sensation schaffen können.
Und diesmal?
Schweikardt: Träumen darf man immer. Und wir gehen auch in jedes Spiel rein, um es zu gewinnen, mutig, mit viel Lust und großer Willenskraft. Aber die Ausgangsposition ist klar: Wir spielen als Neuling gegen einen Europapokalteilnehmer. Frisch Auf gehört zu den fünf besten Clubs in Deutschland. Hofele: Der THW Kiel war zuletzt bei uns auch klarer Favorit – und wer hat gewonnen? Schweikardt: Ihr mit 29:21. Das zeigt, wie stark Frisch Auf ist. Hofele: Ich bin froh, dass dieses Spiel jetzt zwei Wochen her ist und hoffentlich aus den Köpfen unserer Spieler draußen ist. Wir stellen uns jedenfalls auf sehr harte 60 Minuten in der Porsche-Arena ein. Wir müssen alles geben, damit wir mit einem Derbysieg die zwei Punkte gegen den THW vergolden.
Wie hört sich das für Sie an, Herr Schweikardt?
Schweikardt: Dies ist Musik in unseren Ohren. Das Derby ist ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte. Frisch Auf als Aushängeschild der Region ist für viele unserer Mitglieder und Spieler ein Vorbild. Als kleiner Steppke spielte ich mit meinem Bruder Michael auf der Straße Handball – abwechselnd übernahm einer die Bittenfeld-Rolle, einer die von Frisch Auf. Damals spielte der TVB noch in der sechsten Liga. Hofele: Das zeigt, welch klasse Arbeit geleistet wird. Wir hatten schon immer eine sehr gute, enge und persönliche Beziehung zum TVB, der ja viele Jahre unser Kooperationspartner war. Die aktuellen TVB-Spieler Michael Schweikardt und Simon Baumgarten spielten schon bei uns. Genauso Willi Weiß, der Vater von TVB-Torjäger Dominik, oder früher Kai Häfner.
Jetzt ist der TVB 1898 ein direkter Konkurrent. Nur um Punkte oder auch im Kampf um Sponsoren und Zuschauer?
Hofele: Dieses Derby belebt den Handball in der Region. Derzeit haben beide Clubs unterschiedliche Zielsetzungen. Wenn sich der TVB in der Bundesliga etabliert, könnte der Konkurrenzkampf schärfer werden. Schweikardt: Ich sehe die Konkurrenzsituation als befruchtend an. Außer in Randgebieten wie in Schorndorf oder Esslingen nehmen wir uns keine Zuschauer weg. Je mehr der Handball im Gespräch ist, desto stärker profitiert die gesamte Sportart. Hofele: Und die Sponsoren werden sich eher gegenseitig pushen als bremsen. Schweikardt: Selbst wenn wir uns in der Bundesliga etablieren, nehmen wir nichts weg vom Gesamtkuchen, ich würde das eher als Chance für Frisch Auf sehen.
Im Gegensatz zu Frisch Auf haben Sie im Unternehmen Kärcher einen Hauptsponsor.
Schweikardt: Über diese Zusammenarbeit bis mindestens 2017 sind wir auch sehr froh, doch Frisch Auf kompensiert dies mit seiner breiten Sponsorenpyramide. Göppingen hat 1800 Dauerkarten mehr verkauft als wir, mit fünf Millionen Euro einen doppelt so hohen Etat. Wir müssen schon die Kirche im Dorf lassen. Wir sind meilenweit von Frisch Auf entfernt – in allen Bereichen. Hofele: Die Infrastruktur mit dem Hallenduo Porsche-Arena und Scharrena im Neckarpark sehe ich für den TVB aber schon als Riesenvorteil an.
Wird Frisch Auf immer die Nummer eins in der Region bleiben?
Schweikardt: Die nächsten Jahre auf jeden Fall. Hofele: Ich bin kein Hellseher.
Würde dem Handball in Stuttgart nicht ein großer Name als Lokomotive wie zum Beispiel Markus Baur gut tun?
Schweikardt: Ein großer Name, ein Star, wäre ein Weg, um in der breiten Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. Doch das ist eine Frage der Finanzierung. Wir stehen auf soliden Beinen und hauen jetzt nicht auf die Pauke. Das passt nicht zu unserer Mentalität. Hofele: Das Ganze muss auch immer passen. Wir haben in der Ära nach Velimir Petkovic lange den Trainermarkt sondiert und in Magnus Andersson einen Glücksgriff gelandet. Er passt perfekt zu uns.
Andersson ist bis 2018 an Frisch Auf gebunden. Wollen Sie denn den am Saisonende auslaufenden Vertrag mit Spielmacher Michael Kraus verlängern?
Hofele: Diese Frage stellt sich derzeit für uns nicht – und schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Schweikardt: (lacht) Wir haben uns keine Gedanken gemacht, ihn zu verpflichten.
Herr Schweikardt, Ihr Vater Günter spielte bei der letzten deutschen Meisterschaft der Göppinger 1972 für Frisch Auf. Lässt sich dieser Titel wiederholen?
Schweikardt: Wenn der THW Kiel schwächelt, ist immer etwas möglich. Warum soll nicht einmal eine Überraschung möglich sein, wie sie dem VfB Stuttgart 2007 im Fußball gelungen ist. Hofele: Wir sehen uns als regionaler Leuchtturm mit nationaler und internationaler Strahlkraft, der möglichst immer auf der europäischen Bühne dabei sein will. Die deutsche Meisterschaft ist in den nächsten Jahren nicht unsere Zielsetzung.
Sie könnten ja die Kräfte bündeln und als Frisch Auf Stuttgart einen Großangriff starten.
Hofele: Das ergibt wenig Sinn. Schweikardt: Sehe ich ganz genauso. Der Sport lebt von Emotionen, von gewachsenen Strukturen und Traditionen.
Wer wird dieses Jahr Meister?
Schweikardt: Die Rhein-Neckar Löwen. Hofele: Ich bleibe bei meinem Tipp vor Saisonbeginn: SG Flensburg-Handewitt.
Bleiben der TVB Stuttgart und der HBW Balingen-Weilstetten drin?
Hofele: Ich glaube und hoffe es, ja. Diese Derbys sind einfach total attraktiv. Stuttgart ist ja für uns ein gefühltes Heimspiel.
Wie geht es an diesem Mittwoch aus?
Hofele: Wenn wir knapp gewinnen, bin ich hochzufrieden. Schweikardt: Wenn wir das Spiel offen gestalten können, ist es ein Erfolg für uns. Nach dem Duell an der Wurfbude liegen wird ja schon mal 1:0 in Führung.