Der Reisende Ernst genießt seinen Aufenthalt in Havanna. Foto: ZDF

Die ZDF-Reisesendung „Mit 80 Jahren um die Welt“ ist wieder da. Auch diesmal mischt sich in die Heiterkeit der späten Weltentdeckung Düsteres. Trotzdem wird das alles anrührend lebensbejahend.

Stuttgart - Man stellt sich das ja schnell mal leicht und flockig vor: Eine bunte Truppe Rentner unternimmt eine Weltreise und wir schauen zu. In der zweiten Staffel der ZDF-Reihe „Mit 80 Jahren um die Welt“ kommt es zunächst auch so. Diesmal treten Theo, Marianne, Gisela, Ernst, Ruth und Wolfgang, genannt „Nauke“, die erste große Reise ihres Lebens an. Wie die Protagonisten der Auftaktstaffel verbindet auch diese Menschen neben ihrem hohen Alter der Umstand, dass sie bisher wenig von der Welt gesehen haben. Sie sind so aufgeregt, wie man es nur mit über siebzig Jahren sein kann. Also tiefenentspannt aufgeregt. Nach dem Motto: Das was jetzt kommt, erlebe ich nie wieder.

Bei der vorigen Staffel wurde das allen auf dramatische Weise vor Augen geführt: Lothar, einer der Teilnehmer, starb während der Dreharbeiten in der Fremde. Das Abenteuer aber lief nach vielem Abwägen für die anderen weiter. Dem oft geäußerten „dass ich das noch erleben darf“ wuchs plötzlich viel größere Bedeutung zu. Ohne Effekthascherei legte Lothars Geschichte alles offen, was diese Serie zwischen Endlichkeit und Lebensbejahung nur erzählen kann.

Wehmut und Sehnsucht

Dieses Mal kehren zwar alle heil wieder heim. Der Tod aber bleibt präsent, Lockeres und Tragisches gehen erneut Hand in Hand. Der LKW-Fahrer Theo hat mit seiner Liebe des Lebens gefühlte achthundert Ehejahre verbracht, fünf Töchter großgezogen, seine Ehefrau nach ihrem Schlaganfall 11 Jahre zuhause gepflegt. Vor einem Jahr ist sie gestorben. Er besucht ihr Grab drei Mal am Tag. Ihr Foto ist nun sein ständiger Begleiter. Wie die Wehmut und die Sehnsucht.

Nach Jahrzehnten darf der alte Rettungsschwimmer endlich wieder im Meer baden. Das war ein Lebenstraum von Theo – und wie in der ersten Staffel wird auch in jeder der sechs neuen Folgen solch ein Lebenstraum der Reisenden erfüllt. Nach dem Bad in der Karibik vor Kuba kehrt Theo vor dem glaubhaft mitfühlenden Reisebegleiter Steven Gätjen sein Innerstes nach außen. Der Rahmen ist ein Postkartenidyll: Sonne, Strand, Trinkhalme in Kokosnüssen. Aber es geht ums Sterben. Theo genießt dieses Gespräch und die Umarmungen Gätjens vielleicht noch mehr als das Bad im Meer.

Tanzen in Havannas Straßen

Die Mischung aus Fernweh, Aufbruch und Kerosin vom Flughafen haben die sechs Alten da längst hinter sich gelassen. Die 80-jährige Gisela hat „Bammel vor gar nichts“. In Kuba genießt sie Rum und als bekennende „Quarzerin“ ihre erste selbstgedrehte Zigarre: Sieht „scheiße“ aus, schmeckt aber natürlich „einzigartig“. „Vielleicht ziehe ich ja mal in den Süden“, kündigt das schwarzhumorige Nordlicht an, „wenn ich älter bin.“

Havanna: Die Stadt passt mit ihren Ruinen, ihrem Verfall und ihren launigen Bewohnern so gut zu den Alten. Die einen erzählen sich gegenseitig, welchen Freund und welchen Partner sie schon beerdigen mussten. Derweil tanzt Ernst in den Straßen. Daheim würde man ihn jetzt für irre halten, sagt er strahlend: „Aber auch der Herbst hat bunte Blätter.“

Lehrstunde der Lebensfreude

Wie so oft bringt Ernst es auf den Punkt: Als Jugendlicher „möchte“ und „will“ man, im Alter „hat“ man. Das erklärt die stille Bescheidenheit, mit der die betagten Reisenden die diversen Möglichkeiten gegeneinander wägen, noch einmal Einmaliges zu erleben. Zum Beispiel: Lohnt der Paramotor-Flug über Lima?

Bei dieser eindrucksvollen Lehrstunde der Lebensfreude werden keine kieksig schreienden und reizüberfluteten Teenager gefragt, die eh schon alles kennen, sondern Menschen mit schwerem Gedächtnisgepäck, denen das alles völlig fremd ist. Die bei einer solchen Gelegenheit mit Bedacht zugreifen. Weil es die letzte Chance sein könnte. Wenn nicht jetzt, wann dann?

Theo ist sofort dabei. Damit er seiner Frau im Himmel ein paar Meter näher sein kann. Am Ende ist er „happy vor Freude“. Auch wenn das grammatikalischer Wurstsalat sein mag: sein Glücklichsein vor lauter Freude ist ein Superlativ, den man sich schöner gar nicht ausdenken könnte.Verfügbarkeit: Die Auftaktfolge ist bis 15.09. 2019 in der ZDF-Mediathek abrufbar. Die zweite Folge läuft am 20. August 2019 um 20.15 Uhr im ZDF.