Bingül (Yelik Simek) besorgt Fabian (Hans Löw) einen Job. Foto: WDR/Thomas Kost

Ein bisschen bildungsbeflissen ist er schon: Der Fernsehfilm „Eine Klasse für sich“ im Ersten ist ein Beitrag zur Themenwoche „Zukunft Bildung“. Aber er erzählt auch ziemlich unterhaltsam von einer bunten Truppe Erwachsener, die ihr Abi nachholen wollen.

Stuttgart - Fabian (Hans Löw), Kind einer Werftarbeiterfamilie aus Mecklenburg-Vorpommern, hat Beruf und Berufung gefunden. Er ist Lehrer in Köln geworden, was seinem Naturell entgegenkommt, denn: „Nerven ist halt unser Job.“ Sein nächstes großes Ziel: verbeamtet werden. Allerdings fliegt bei der Gelegenheit auf, dass seine Karriere auf einem gefälschten Abiturzeugnis gründet. Die Lösung soll sein, das Abitur innerhalb eines Jahres an einem Privatinstitut nachzuholen und dann wieder an seine alte Schule zurückzukehren. Offenbar ist Fabian ein guter Pädagoge, was kaum zu glauben ist. Denn tatsächlich nervt er so ziemlich jeden, seinen Sohn Luca (Victor Maria Diderich), seine Ex, seine Mitschüler im Privatkolleg, möglicherweise auch den einen oder anderen Zuschauer, weil aus der Geschichte mit ihren zum Teil plumpen Klischees nur wenig Komik entspringt.

Ein notorischer Besserwisser

Der Fernsehfilm „Eine Klasse für sich“ lautet der wichtigste fiktionale Beitrag in der ARD-Themenwoche „Zukunft Bildung“, was ein bisschen ernüchternd ist. Immerhin wurde hier kein „Fack ju Göhte“-Verschnitt versucht, hier steht ein Lehrer in der Midlife-Krise im Mittelpunkt. Aber Bildungsbeflissenheit kann man dem Drehbuch nicht absprechen. „Wozu soll das gut sein: lernen?“, fragt zu Beginn Fabians Sohn Luca (Victor Maria Diderich). „Damit du was aus dir machst“, antwortet der Vater-Lehrer. Die folgenden 90 Minuten dienen auch dazu, die strenge Botschaft dieses Satzes zu korrigieren. „Um immer wieder den richtigen Weg für dich zu finden“, sagt Fabian am Ende.

Bis alle so weit sind, bedarf es jedoch einiger Anstrengung, besonders bei Fabian, der sich als notorischer Besserwisser erweist (Lehrer!), aber im eigenen Leben eher schwer von Begriff ist (Mann!). Hans Löw spielt diese Rolle mit großer Achtung vor der Figur, und Alwara Höfels gibt mal wieder die schlagfertige Geradeheraus-Frau. Aber die Funken, die das Aufeinanderprallen von Fabian und Cora schlagen soll, entfachen kein Feuerwerk, sondern nur Lärm. Fabian und Cora geraten in jedem Dialog aneinander, meistens lautstark. Dennoch finden sie natürlich Gefallen aneinander, steht ja im Drehbuch.

Plattenbau trifft goldenen Käfig

Vieles ist wie immer in TV-Komödien – fast: Der notorische Parkplatzstreit beim Kennenlernen zum Beispiel entzündet sich nicht im Auto, sondern klimafreundlich auf dem Fahrrad. Feindbild ist ein Baulöwe (Peer Martiny), ein Kapitalist wie aus dem Klischee-Bilderbuch, der gleichzeitig Coras Vater und Vermieter des Instituts ist. Und weil er dem Institut kündigt, beschließen Fabian, Cora und weitere Mitschüler, einander zu unterstützen, um das Abi noch zu schaffen.

Was für den Film einnimmt, ist, dass er Respekt einfordert für jene, die in der deutschen Bildungslandschaft gescheitert sind. Hellen (Johanna Gastdorf), die obdachlose Putzfrau, die den „Faust“ liest, übernimmt Deutsch. Bingül (Yeliz Simsek), die Kurdin, die Informatik studieren will, unterrichtet Mathematik, Fabian Geschichte, Cora Englisch. Und dann ist da noch Yusuf (Sami Nasser), der Ex-Profi des 1. FC Köln, der als Installateur arbeiten muss und das eine oder andere Defizit aufzuarbeiten hat (Fußballer!): „Warum sagt ihr immer Wende? Es war doch eine Mauer, oder nicht?“ Yusuf ist natürlich der Sportlehrer. Die kleine Lerngruppe trifft sich in der Villa des Baulöwen, weil der Herr des Hauses im Ausland weilt. Cora kehrt in den goldenen Käfig ihrer Kindheit zurück, um endgültig daraus auszubrechen. Fabian, in der Schweriner Platte aufgewachsen, macht sich in der Gemeinschaft endlich mal locker. Und gemeinsam plündern sie den Weinkeller des Kapitalisten, womit das unverhoffte Happy End eingeleitet wird. Lernziel erreicht.

Ausstrahlung: ARD, 13. November 2019, 20.15 Uhr