Volleyball-Hochburg TV Rottenburg, der in Tübingen spielt. Foto: Pressefoto Baumann

Für die meisten Zweitligisten ist ein Aufstieg in die Volleyball-Bundesliga kein erstrebenswertes Ziel. Ein Nutznießer dieses Dilemmas ist der TV Rottenburg.

Stuttgart - Als kürzlich die Antragsfrist für die Lizenzierung in den Volleyball-Bundesligen verstrichen war, hielt auf der Geschäftsstelle des TV Rottenburg die Erleichterung Einzug. Die Volleyball-Bundesliga (VBL) sprach dem TVR den freien Platz zu, den die erste Liga für die Saison 2019/20 bot, natürlich unter der Voraussetzung, dass die wirtschaftlichen Bedingungen erfüllt werden. Einen entsprechenden Antrag hatte der Club gestellt, der als Tabellenelfter sportlich abgestiegen war – und sich vorab durchaus die Frage gestellt hat, ob er diesen Schritt macht, wie Philipp Vollmer betont. „Die Bewerbung wird eine einmalige Aktion bleiben“, sagt der TVR-Geschäftsführer.

Möglich wird der Verbleib im Volleyball-Oberhaus durch den Umstand, dass es diesen freien Platz überhaupt gab. Was wiederum ein inzwischen gängiges Dilemma im deutschen Volleyball widerspiegelt: Der sportlich erarbeitete Aufstieg wird nicht wahrgenommen. Wobei die angestrebte Sollstärke der Bundesligen bei Männern (derzeit zwölf) und Frauen (derzeit elf) eigentlich bei 14 Teams liegt. Von den vier Zweitligameistern wagt nur das Männerteam der Heitec Volleys Eltmann den Sprung nach oben. Der CV Mitteldeutschland – zum dritten Mal in Folge überlegener Meister der Männer-Nordgruppe – sowie die Frauenteams Skurios Volleys Borken und VC Printus Offenburg haben früh abgewunken. Südmeister Offenburg muss gar den Rückzug in die dritte Liga antreten. Es fehlt das Geld.

Das Ehrenamt dominiert

Davon profitiert nun der TV Rottenburgebenso wie das ebenfalls sportlich abgestiegene Frauenteam von Schwarz-Weiß Erfurt. Doch nicht nur an Finanzkraft mangelt es im Volleyball-Unterhaus. „Die Kluft zwischen erster und zweiter Liga ist immer noch riesig“, sagt Vollmer.

Als die VBL im Jahr 2014 ihren Masterplan verabschiedete, nahm ein umfangreicher Maßnahmenkatalog dabei ausdrücklich die Professionalisierung der Bundesliga, die Entwicklung der zweiten Ligen und die Durchlässigkeit zwischen den beiden ins Visier. Alles für das übergeordnete Ziel: den in jeglicher Hinsicht großen Abstand zu den Ligen im Handball, Basketball und Eishockey zu verringern. Für die Entwicklung der zweiten Ligen sei hierfür „die Hauptamtlichkeit der Schlüssel“, sagt VBL-Präsident Michael Ewers.

In Liga zwei dominiert indes nach wie vor das Ehrenamt – inklusive seiner Grenzen. Die Idee, eine hauptamtliche Stelle einzurichten, haben die Zweitligaclubs 2014 abgeschmettert. Der eigene Antrieb trägt auch nur bescheidene Früchte. So weist die Zwischenbilanz des Masterplans im Jahr 2017 aus, dass nicht einmal ein Drittel der Zweitligisten eine hauptamtliche Stelle besetzt hatte. „Einige machen es sich in dieser Hinsicht zu einfach. Andere Ligen sind uns da weit voraus“, sagt Ewers.

Armenhaus zweite Liga

Für VBL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung ist die zweite Liga „immer noch eine Riesenbaustelle und das Thema Hauptamtlichkeit die Achillesferse“. Nach Jahren der Stagnation hat die VBL nun eine Strategieagentur ins Boot geholt, ein Veränderungsprozess soll angestoßen werden. „Das Niveau muss angehoben werden“, so Jung. Und das gehe nur gemeinsam mit den Vereinen, bei denen weiterhin Überzeugungsarbeit gefragt ist: „Viele bestreiten die Saison mit einem Etat von 50 000 Euro und sagen, sie wollen gar nicht in die erste Liga.“

Das ist beim TV Rottenburg anders. Seit 13 Jahren erfüllt der Club die Auflagen für Liga eins und investiert in seine hauptamtliche Infrastruktur. Auch wenn dies bei einem im unteren Drittel der Liga angesiedelten Etat auf Kosten der Qualität im Kader geht. Wobei TVR-Geschäftsführer Philipp Vollmer durchaus ein Verfechter des sportlichen Wettbewerbs ist und den Klassenverbleib am grünen Tisch als Ausnahme betrachtet: „Wir mussten diese Chance nach dem Trainerwechsel für einen Neuanfang nutzen.“ Nicht zuletzt dem TVR-Publikum sei man dies schuldig, mit einem Zuschauerschnitt von 1827 ist man hinter Ligakrösus Berlin Recycling Volleys (4923) die Nummer zwei in Deutschland.