Misstrauisch: die Diplomatin Lorenz (Natalia Wörner) Foto: ARD Degeto/Roland Suso Richter

Natalia Wörner spielt in der ARD-Reihe „Die Diplomatin“ die Titelheldin. In der neuen Folge „Tödliches Alibi“ wird ihre Figur in einen Fall von Fahrerflucht verwickelt und muss ein Joint Venture retten.

Stuttgart - Frau Staatsekretärin ist sehr erfreut. Ein deutsches Hightechunternehmen hat sein neues Forschungszentrum in Prag angesiedelt. Wunderdinge sollen hier entstehen, Arbeitsplätze sowieso, und im Umfeld werden sich hoffentlich viele andere clevere Start-ups ansiedeln. Zur feierlichen Eröffnung des Joint Venture wird eine Art Exoskelett-Hose gezeigt, eine von schlauesten Programmen gesteuerte Gehapparatur mit 94 Motoren, mit deren Hilfe ein querschnittsgelähmtes Mädchen sich ohne Rollstuhl vorwärtsbewegen kann.

Die Staatssekretärin Osvárt (Lenka Zdenek) bittet in der Feststunde die deutsche Botschafterin Karla Lorenz (Natalia Wörner) ans Mikrofon, und auch die findet schöne Worte und strahlt vergnügt. Arg lange halten wird die gute Laune in der Folge „Tödliches Alibi“ aus der Reihe „Die Diplomatin“ allerdings nicht.

Zäh fließen die Infos

Am Rande der Knabber- und Plauderstunde für geladene Würdenträger und jungdynamische Techexperten bekommt Lorenz Brisantes mit. Die Stimmung in der Belegschaft ist angespannt, man fürchtet Entlassungen gleich nach der Eröffnung. Es ist kein Geld mehr da. Die Botschafterin hakt nach, schließlich hat die Bundesrepublik 20 Millionen in das Projekt investiert. Zäh fließen tröpfchenweise Informationen. Die tschechische Seite hat ihre Zuschüsse eingefroren. Weshalb? Untersuchungen. Wozu? Unregelmäßigkeiten. Wo? Bei den Finanzen. Aber genug der Fragen, schließlich ist das vorerst eine tschechische Angelegenheit.

Der von Christoph Busche geschriebene, von Roland Suso Richter inszenierte 90-Minüter hat also einen Stoff, der seiner Hauptfigur gerecht wird. Wir könnten hier mal sehen, wie heikel es ist, selbst unter befreundeten Ländern, wenn bei einem Kooperationsprojekt die einen auf ihre Rechte und die anderen auf ihre Souveränität pochen.

Es wird eng verschnürt

Aber auf einem angenehm niedrigeren Stresslevel zu bleiben als dem Politthriller-üblichen „Der nächste Weltkrieg steht bevor“-Alarm, kann man auf diesem Sendeplatz wohl nicht wagen. Hier muss noch ein konventioneller zweiter Krimihandlungsstrang her. Ein junger Mann wird bei einem Unfall mit Fahrerflucht getötet. Der Vater des Opfers, ein Polizist, hält einen bloß Verdächtigen für den klar Schuldigen. Sein Zorn läuft im schlimmsten Fall auf einen Akt der Selbstjustiz zu.

Und nun wird alles eng verschnürt. Der in Verdacht stehende Autofahrer, der Ministerialbeamte Stokr (Stipe Erceg), steht auch in den Joint-Venture-Ermittlungen im Zwielicht. Lorenz hat dienstlich mit ihm zu tun, aber er macht ihr auch privat den Hof. Und Lorenz’ Freund Horava (Alexander Beyer) ist der ermittelnde Beamte im Fall der Fahrerflucht und hat die Diplomatin nun im Verdacht, einem neuen Liebhaber ein falsches Alibi zu geben.

Ein dunkler Nebel

Das ist alles ein bisschen viel auf einmal. So sauber Richter das wieder einmal inszeniert, die verquälte Spannungssuche und erzwungene Beziehungskriselei kann er nicht kaschieren. Interessanterweise stellt sich in „Tödliches Alibi“ trotzdem noch Spannung ein. An all dem Plotgerümpel vorbei schleicht so etwas wie ein dunkler Nebel in den Film, das beklemmende Begreifen, dass hier in der Realität keine saubere Aufklärung geschaffen würde.

In einem Dickicht aus Kompromissen und Beschwichtigungen, Lügen und Ablenkungsmanövern, Sachzwängen und höheren Notwendigkeiten könnten Schuldige abtauchen, Verantwortlichkeiten verschwinden und Wahrheitsansprüche verenden. Alle wären nur noch froh,wenn das Joint Venture gerettet würde. Aber wie schon erwähnt, jeder Sendeplatz hat seine Zwänge. Und so wird ein aufklärerisches Ende angeklebt, das so gut sitzt wie eine Pappnase am Hinterkopf.

Ausstrahlung: Im Ersten, Samstag, 7. November, 20.15 Uhr