Unter anderem per Aushang an den Sportstätten ist in den vergangenen Wochen auf die anstehende Mitgliederversammlung des Tus Stuttgart hingewiesen worden. Foto: Ralf Recklies

Beim Tus Stuttgart wird am 26. Juli über die Zukunft des Vereins diskutiert. Noch bis Mitte der Woche war jedoch unklar, ob die Einladung die Mitglieder fristgerecht zwei Wochen vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung erreicht.

Degerloch - Der im Tus Stuttgart schwelende Streit zwischen der Tanzsportabteilung und dem Vereinsvorstand bewegt seit Wochen die Sportler. Doch dies ist nicht der einzige Konflikt, den es in dem 5000 Mitglieder zählenden Verein auf der Waldau gibt. Weil viele Mitglieder und auch der Tus-Verwaltungsrat mit der Vereinsführung unzufrieden sind, hat der Verwaltungsrat Anfang Juni ein außerordentliche Mitgliederversammlung beantragt. Unter anderem, weil viele drängende Fragen die den Verein berühren – wie der Bau einer dritten Eissporthalle durch die Stadt Stuttgart und die Auswirkungen auf den Tus – anstünden.

Verwaltungsrat wurde zu wenig einbezogen

Der Verwaltungsrat, der den Vorstand laut Satzung „in allen wichtigen Angelegenheiten des Vereins“ beraten und das Führungsteam unterstützen soll, sei in jüngster Zeit zu wenig gehört worden, sagt Michael Haas, der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrats. „Wir freuen uns, wenn wir beratend tätig werden können“, erklärt er und ergänzt: „Wenn es aber nicht gewünscht ist, dann kann man es auch bleiben lassen.“ Dann müsste dies aber in der Satzung neu geregelt werden. Die unterschiedlichen Kompetenzen der Verwaltungsratsmitglieder könnten laut Haas aber vom Tus gut genutzt werden, um Kosten zu sparen – unter anderem bei Bau- oder Rechtsangelegenheiten. Keines der Gremiumsmitglieder mache die Arbeit nur, um den Titel Verwaltungsrat zu tragen. „Dafür ist uns die Zeit dann doch zu schade“, so Haas.

Im Hausbriefkasten vieler Mitglieder des Tus Stuttgart sollte in der Folge des Antrags am Donnerstag dieser Woche das Vereinsmagazin „Sportspiegel“ zu finden gewesen sein. In diesem muss der Verein die Einladungen zu allen Mitgliederversammlungen veröffentlichen. Sätestens an diesem Freitag muss die Vereinspublikation bei allen der rund 5000 Mitglieder vorliegen. Sonst wäre die in der Satzung festgeschriebene Einladungsfrist für die vom Vorstand auf Freitag, 26. Juli, terminierte außerordentliche Mitgliederversammlung nicht eingehalten.

Über den Termin nur per Aushang oder Mail informiert

Diese Klippe scheint der Tus-Vorstand auf den letzten Drücker umschifft zu haben. Bis das große Vereinsschiff aber wieder in ruhigerem Fahrwasser verkehrt, dürfte noch einige Zeit vergehen. Auch weil der Vorstand eine andere Frist, die die Satzung eigentlich vorschreibt, bereits hatte verstreichen lassen. Bis spätestens Dienstag vergangener Woche hätte schließlich die Einladung zur Versammlung veröffentlicht sein müssen – inklusive Tagesordnung. Das Regelwerk des Vereins schreibt vor: „Die Mitgliederversammlung ist . . . innerhalb einer Frist von vier Wochen mit entsprechender Tagesordnung einzuberufen, wenn es der Vorstand beschließt oder fünf Prozent der ordentlichen Mitglieder beantragen.“ Mehr als 250 Mitglieder hatten per Unterschrift die außerordentliche Versammlung gefordert. Die Einladung zu dieser erreichte die Mitglieder aber nicht fristgerecht. Bis zum Erhalt des „Sportspiegels“ waren diese nur per Mail oder Aushang darüber informiert, dass sie eine Einladung zur Mitgliederversammlung per „Sportspiegel“ folgt. Das könnte noch zu Konflikten führen.

Bei den Fristen gibt es keine Spielraum

Für den Privat- und Arbeitsrechtler Hermann Reichold von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen, selbst Vorsitzender der Juristischen Gesellschaft, dürfen Fristen, die in Satzungen vorgegeben sind, nicht verletzt werden. „Da gibt es keinen Spielraum“, sagt der Jurist. Grundsätzlich sei „jede Satzung als Gesetz des Vereins sehr ernst zu nehmen“, so Reichold. So müsse – zumindest grob – auch fristgerecht über die Thematik der Sitzung informiert werden, „damit sich die Mitglieder schon mal darüber informieren können“. Wird zu einer Versammlung nicht fristgerecht eingeladen, seien die darin gefassten Beschlüsse möglicherweise nicht rechtens. Selbst wenn alle anwesenden Mitglieder sich für die Durchführung der Versammlung aussprächen – „was nach meiner Rechtsauffassung ginge“, so Reichold. Die „Privatautonomie von Vereinen“ gebe das her. Das Beschlossene könnte aber womöglich im Nachgang gekippt werden. Dies, „wenn gewisse Leute nicht dabei sein konnten, obwohl sie hätten dabei sein wollen“, erklärt Reichold. Diese könnten dann natürlich den Rechtsweg beschreiten.

Laut Michael Haas ist es gut, dass zumindest die in der Tus-Satzung festgesetzte Einladungsfrist nun offenbar eingehalten wurde. Noch Mitte der Woche, bei der jüngsten Sitzung des Tus-Verwaltungsrats, war offenbar nicht klar, ob dies gelingt. Denn laut Satzung müsse „zwischen dem Tag der Veröffentlichung und dem Termin der Versammlung eine Frist von mindestens zwei Wochen liegen“.