Die Lage in Texas wird immer dramatischer. Foto: AP

Harvey und seine Regenmassen bringen viel Leid – und sind politisch hochbrisant. Doch solch heftige Tropenstürme könnten in Zukunft häufiger auftreten, analysiert Klaus Zintz.

Stuttgart - Es sieht nicht gut aus für Texas und zunehmend auch für Louisiana: Der zum Tropensturm herabgestufte Hurrikan Harvey hat sich in der Küstenregion der beiden Bundesstaaten im Süden der USA festgesetzt und überschüttet das Land seit Tagen mit sintflutartigen Regenfällen. Dabei fallen Niederschlagsmengen, die man sich hierzulande kaum vorstellen kann. Und das Ganze ist für die leidgeplagten Menschen noch nicht vorbei, weil Hochdruckgebiete im Norden den Sturm regelrecht an der Küste gefangen halten. Damit ist der Wassernachschub aus dem Golf von Mexiko gesichert. Und dieses Wasser regnet anschließend ziemlich ortsfest an Land ab. Daher wird es wohl noch weiter schütten, wenn auch nicht mehr ganz so heftig. Erst zum Wochenende hin soll Harvey nach Nordosten abziehen.

Schon jetzt stehen riesige Teile der Region unter Wasser, wobei die Überschwemmungshöhen vielerorts äußerst bedrohlich sind. Zu allem Übel wird es in dieser flachen Küstenregion noch lange dauern, bis die angesammelten Wassermassen abgeflossen sind. So werden unweigerlich Erinnerungen an Katrina wach, jenen bisher schadenträchtigsten Wirbelsturm, der Ende August 2005 der Stadt New Orleans zum Verhängnis wurde. Auch damals waren es vor allem die ungeheuren Wassermassen, die gewaltige Schäden anrichteten. Im Unterschied zu Hurrikan Katrina, der mehr als 1800 Todesopfer forderte, ist Harvey im Hinblick auf die bekannten Todesfälle bisher aber vergleichsweise glimpflich verlaufen. Wegen der anhaltenden Regenfälle ist es aber noch viel zu früh, schon jetzt Bilanz zu ziehen.

Politische Diskussion beginnt

Angesichts des großen Leids und der enormen wirtschaftlichen Schäden ist zu erwarten, dass Harvey auch die politischen Diskussionen anheizen wird. Schon jetzt wird darüber gestritten, ob Houston nicht vor dem Sturm hätte evakuiert werden sollen. Auch die Debatte um die Folgen der Klimaerwärmung dürfte neu entbrennen. Bereits in der Vergangenheit hatten Klimaexpertender US-Wetterbehörde NOAA immer wieder darauf hingewiesen, dass mit wärmerem Meerwasser auch die Gefahr durch Hurrikans zunehmen wird, weil insbesondere die starken Wirbelstürme noch häufiger und noch heftiger werden.

Ob sich die im Frühjahr erstellte NOAA-Prognose erfüllen wird, wonach 2017 mehr Hurrikane als im langjährigen Durchschnitt die US-Küste erreichen, bleibt abzuwarten – die Hurrikan-Saison ist noch nicht zu Ende. Festzuhalten bleibt aber, dass die Meteorologen bei Harvey von nie dagewesenen Niederschlagsmengen sprechen.

Trump als Krisenmanager

Donald Trump dürften solche Diskussionen und Zusammenhänge nicht gefallen. Immerhin hat sich der Präsident bisher aber als engagierter Krisenmanager in Szene gesetzt – was allerdings teilweise bereits auf heftige Kritik gestoßen ist. Und er reist auch umgehend in das betroffene Gebiet, um vor Ort Präsenz zu zeigen und sich ein Bild von der Lage zu machen. Nun wird es spannend, wie er in den nächsten Tagen agiert – und was seine Regierung auf seine Anweisungen hin tun wird, um den Betroffenen zu helfen. Ob die Zusammenarbeit der Behörden auf allen Ebenen wirklich so „great“ – also großartig – war, wie Trump gleich nach Auftreffen des Wirbelsturms auf Land getwittert hatte, muss sich zum Beispiel erst noch zeigen. Aber vielleicht bewirken die Eindrücke aus dem Katastrophengebiet den Präsidenten dazu, seine Klimapolitik zu überdenken.

Immerhin hat Donald Trump offensichtlich bereits aus den Fehlern des früheren Präsidenten George W. Bush gelernt, der nach Katrina mit seinem fehlenden Engagement politisch äußerst unglücklich agiert hat. Im Interesse der betroffenen Menschen ist zu hoffen, dass Trump nun geschickter – und vor allem hilfreicher – handelt. Das ist auch dringend erforderlich: In den nächsten Tagen und Wochen stehen den Menschen in den betroffenen Regionen schlimme Zeiten bevor.