Fichten und Weißtannen leiden besonders unter der Trockenheit, der Hitzesommer 2018 macht dem Wald weiter zu schaffen. Foto: Adobe.stock.com/Christine

Die Förster schlagen Alarm: Der Trockensommer 2018 hat vielen Bäumen das Leben gekostet. Trotz mehr Regens in diesem Sommer ist wenig Besserung in Sicht. Im Kreis Ludwigsburg gibt es aber neue Hoffnung.

Ludwigsburg - Gefühlt war der Sommer 2019 einigermaßen verregnet, zumindest im Vergleich zum extrem sonnigen und trockenen Vorjahr. Tatsächlich spricht Michael Nill, der Vizechef des Ludwigsburger Forstamtes, von einem „normalen“ Jahr. Doch der Katastrophensommer 2018 wirft noch dunkle Schatten: Der Boden ist nur bis 20 Zentimeter tief feucht, darunter ist es weiter knochentrocken. Das ist vor allem für die älteren Bäume schlicht lebensbedrohlich.

Besonders dramatisch ist die Lage im Strohgäu. Im Gebiet von Heimerdingen über Eberdingen bis nach Hemmingen hat es 2018 so wenig geregnet, dass sogar 150 Jahre alte Buchen abgestorben sind. Dabei ist die Buche sozusagen der Lokalmatador, wie Nill erklärt: „Wenn wir den Wald nicht bewirtschaften würden, hätten wir einen reinen Buchenhain.“ In Ditzingen wurde im Sommer sogar ein Trimmdichpfad nicht ausgewiesen, weil abgestorbene Bäume umstürzen könnten. Der Revierförster Steffen Frank hat allein 1000 Bäume zum Fällen markiert.

Kiefern trocknen vor den Augen der Förster aus

Auch im Kirnbachtal und bei Vaihingen und Ensingen in der Regenschattenseite des Strombergs sieht es dramatisch aus. „Der Kiefernbestand auf 17 Hektar Staatswald zwischen Häfnerhaslach und Zaberfeld ist quasi vor meinen Augen ausgetrocknet“, sagt der Förster Theo Wöhr.

Glimpflich davon gekommen sind hingegen Gerlingen, Korntal-Münchingen, Ludwigsburg und Poppenweiler. Manchmal hat ein lokaler Hagelschauer geholfen: Die Körner haben die Feuchtigkeit sukzessive abgegeben. „Das hat für einen Baum manchmal den Unterschied zwischen Leben und Tod ausgemacht“, sagt Michael Nill. Fichten und Weißtannen leiden besonders. Fichten sind eigentlich für Hochmoorgebiete gedacht und benötigen einen feuchten Untergrund.

Der Borkenkäfer nutzt die Trockenheit

Bei großer Trockenheit kommt der Borkenkäfer hinzu: Ohne Wasser können Fichten nicht genug Harz produzieren, um die Tiere abzuwehren. „Fichten und Tannen haben im Landkreis keine Zukunft“, hat deshalb jüngst die Forstamtsleiterin Gundula Gmelin verkündet.

Sogar Vorzeigewälder wie der Favoritepark sind in Gefahr. Das Bild ist überall das gleiche: braune Nadeln, zu früh abgeworfenes Laub: „Ein Baum kann eine Weile im Notmodus arbeiten, aber er kann den Wasserkreislauf nicht einstellen.

Doch trotz dieser alarmierenden Signale besteht kein Grund zur Panik. Von einem neuen Waldsterben wie in den 80er-Jahren wollen die Forstexperten im Landratsamt nicht sprechen. Einmal weil anders als etwa in Ostdeutschland nur einzelne Bäume absterben, nicht ganze Populationen in der Fläche.

Versuchsfeld am Pulverdinger Holz

Und zweitens weil schon an Gegenstrategien getüftelt wird. Das ist am Unteren Pulverdinger Holz bei Vahingen/Enz zu sehen. Wer von der B 10 aus vom Pulverdinger Waldparkplatz aus wenige Minuten zur anderen Seite des Staatswald herumläuft, kann die Zukunft der Forstwirtschaft im Land und im Landkreis erblicken.

Dort haben die Kreisförster zusammen mit der Forstlichen Versuchs- und und Forschungsanstalt in Freiburg schon im vergangenen Jahr ein landesweites Vorzeigeprojekt gegründet. So innovativ war man sonst nur im Kreis Rastatt, inzwischen haben andere Landkreise in Baden-Württemberg nachgezogen.

Worum geht es? Die Förster testen, welche Baumarten besser mit trockenen Verhältnissen zurecht kommen. „Es gibt heimische Baumarten, die nicht so verbreitet und so bekannt sind“, sagt Michael Nill vom Kreisforstamt, das offiziell Fachbereich Forsten im Landratsamt heißt. Zum Beispiel die Elsbeere, auch Speierling genannt. Ein Laubbaum, der kleine Birnen trägt. Auch der Spitzahorn könnte eine Alternative sein.

Douglasien und Zedern als Alternativen?

Auf der Pulverdinger Versuchsfläche werden aber vor allem nicht heimische Baumarten getestet. Etwa Douglasien oder Zedern bei den Nadelgewächsen oder Baumhaseln bei den Laubbäumen. „Wir überprüfen alle paar Wochen, wie sie Trockenheit oder Frost überdauern“, sagt der Vize-Kreisförster Michael Nill.

Zwar wachsen manche dieser Baumarten hierzulande auch bereits seit gut 100 Jahren, aber ihre Eigenschaften sind noch nicht ausreichend erforscht. Und so reisen die Experten aus Freiburg regelmäßig nach Pulverdingen, um den Zustand der Setzlinge in der Versuchsfläche zu überprüfen. „Ob das eine langfristige Option ist, wissen wir nicht“, sagt Michael Nill.

Förster: Einen Dachstuhl kann man nicht aus Eichen bauen

Auf die Fichte wird man dennoch nicht ganz verzichten können. Denn der Wald dient nicht nur der Naherholung, das Holz wird für den Haus- und Möbelbau benötigt. Nill: „Einen Dachstuhl kann man nicht aus Eichenholz anfertigen.“ Apropos Eiche: Diese ist im Landkreis Ludwigsburg überproportional häufig verbreitet. Sie, das als gute Nachricht, hat den Sommer 2018 relativ unbeschadet überlebt.