Auch auf dem Tag der Offenen Tür der Bundesregierung gab sich Kanzlerin Merkel von den Debatten über eine weitere Amtszeit völlig unbeeindruckt. Das Reden überließ sie ihren Stellvertretern. Foto: dpa

Angela Merkel hat noch nicht erklärt, ob sie bei der Bundestagswahl für die Union abermals das Kanzleramt verteidigen will. Als wahrscheinlich gilt, dass sie auf dem CDU-Parteitag im Dezember ihre Bereitschaft dazu erklärt. Die Frage ist: was führt die CSU im Schilde?

Berlin - Peter Tauber tat nach der Sitzung des CDU-Präsidiums das, was Generalsekretäre wie er immer tun, wenn sie von einer unangenehmen internen Angelegenheit ablenken wollen. Er prügelte auf den politischen Gegner ein. SPD-Chef Sigmar Gabriel knöpfte er sich vor, nutzte dessen Äußerungen im Sommerinterview des ZDF zum Freihandel mit den USA und zur Flüchtlingskrise zu einer fulminanten Abrechnung mit dem Vizekanzler der großen Koalition, so als stünde die Regierung vor dem Aus und die nächste Bundestagswahl unmittelbar bevor. Gabriels Wendigkeit sei „schwer erträglich“, seine Haltung zum Freihandel „grundfalsch“, seine Äußerungen zur Flüchtlingskrise „eine bodenlose Unverschämtheit“, wo doch die SPD alles, wenn auch manchmal zu zögerlich, mitgemacht habe. „Nur mit einem Refugees-welcome-Button auf der Regierungsbank sitzen, das ist ein bisschen wenig“, schimpfte Tauber.

Zur parteiintern wichtigsten Meldung des Wochenendes verlor er zunächst kein Wort, erst auf Nachfragen äußerte er sich schmallippig zum weiteren beruflichen Werdegang von Angela Merkel. Der „Spiegel“ hatte das Gerücht in die Welt gesetzt, CSU-Chef Horst Seehofer, wegen Merkels Flüchtlingskurs weiterhin erbost, zwinge die Bundeskanzlerin dazu, ihre abermalige Kandidatur erst im Frühjahr zu verkünden. Seehofer wolle erst nach dem Jahreswechsel entscheiden, ob die CSU Merkel abermals unterstützen könne. Zwar ist eine Bestätigung nirgends zu bekommen und auch eine Verschiebung kann nicht belegt werden, weil Merkel ja nie einen konkreten Termin genannt hat. Auch in der CSU gab man sich zugeknöpft. Merkel habe gesagt, die Zeit zur Erklärung einer Kanzlerkandidatur sei nicht reif. „Dann ist auch für unsere Leute die Zeit nicht reif, was zu sagen“, hieß es in CSU-Kreisen.

Derlei Meldungen stiften Unruhe im Politikbetrieb

Dennoch haben derlei Meldungen das Zeug dazu, Unruhe zu stiften, zumal die Zustimmungswerte für Merkel schwinden und der Union angesichts der schwierigen Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin komplizierte Wochen bevorstehen. In beiden Ländern ist die AfD stark, an der Ostseeküste agiert sie in Umfragen schon auf Augenhöhe mit der CDU. Deshalb war das Interesse der CDU-Spitze groß, gar nicht erst eine Debatte über Merkels Führungsstärke aufkommen zu lassen und unverbrüchliche Solidarität zu bekunden. Nahezu die komplette Stellvertreterriege der CDU plädierte am Wochenende und am Montag für eine erneute Kandidatur. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier stellte sich hinter die Kanzlerin, ebenso die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer und NRW-Chef Armin Laschet. Deutschland sei „wirtschaftlich und politisch ein Hort der Stabilität in Europa. Damit dies so bleibt, sollte Angela Merkel auch nach 2017 Bundeskanzlerin sein“, sagte Laschet der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. In der Wagenburg der Vizechefs, die da um Merkel herum aufgebaut wurde, konnte keine Lücke ausgemacht werden. Sollte in der CSU einer ernsthaft mit dem Gedanken spielen, Merkel die Gefolgschaft zu verweigern, dann war die Antwort der CDU-Granden darauf demonstrative Geschlossenheit.

Merkel selbst habe bei der Routinesitzung der Parteiführung dazu nichts weiter gesagt und gefragt habe sie auch keiner, sagte Tauber. Man habe stattdessen geredet über ihre Reisediplomatie der vergangenen Tage und die Themen, die bald im Bundesrat zur Entscheidung anstehen, die Erbschaftssteuer zum Beispiel, oder die Festlegung sicherer Herkunftsländer. Über die Kandidatur werde, so Tauber, „entschieden, wenn das zur Entscheidung ansteht und deswegen war es auch kein Thema im Präsidium“.

Wohl keiner kann sich allerdings in der CDU-Spitze ernsthaft vorstellen, dass Merkel jetzt noch zurückzieht und einem anderen den Vortritt lässt. Viel zu spät wäre das, völlig unvorbereitet und nicht mehr zu vermitteln, heißt es. In der CDU gehen deshalb viele davon aus, dass Merkel auf dem Parteitag im Dezember mit der Bereitschaft, zwei weitere Jahre die Partei zu führen, auch ihre Kanzlerkandidatur erklärt. Auch Tauber ließ vorsichtig durchblicken, dass eine solche Überlegung von ihm zumindest nicht ins Reich der Absurditäten verwiesen würde. „Eine formelle Verknüpfung gibt es nicht, aber es mag Ihnen überlassen sein zu spekulieren, ob es eine gewisse Sinnhaftigkeit einer Verknüpfung geben mag“, sagte Tauber reichlich umständlich zu Journalisten. Soll heißen: Blöd sind solche Gedankenspiele nicht. Eine Bestätigung, dass es so kommen wird, ist das freilich auch nicht.