Der Blick auf die schneebedeckten Himalaja-Gipfel ist ein Grund, warum das Langtang-Tal bei Trekking-Touristen so beliebt ist. Foto: Gabriele Kiunke

Das Langtang-Tal gehört zu den beliebtesten Trekkingzielen in Nepal, war durch das Erdbeben 2015 aber schwer getroffen. Nun keimt Hoffnung – auch dank eines Wiederaufbauprojektes des Deutschen Alpenvereins.

Kathmandu - Eben noch schien die Sonne, jetzt senken sich Nebelschwaden wie graue Schleier über die von einem riesigen Geröllfeld bedeckte Hochfläche – ganz so, als hätte jemand das passende Wetter für die grauenvolle Geschichte bestellt, die mit diesem Ort verbunden ist.

Als im April 2015 ein Erdbeben Nepal erschütterte, gehörte die Langtang-Region zu den am stärksten betroffenen Gebieten. Eine mächtige Lawine aus Schnee, Eis und Geröll löste sich von den Bergen und donnerte mit einer unvorstellbaren Wucht auf das größte Dorf im Tal. Die Druckwelle war so gigantisch, dass sie auf der anderen Talseite Bäume wie Streichhölzer umknickte. Es ist beklemmend, über diese rund 30 Meter hohe steinige Schicht zu gehen und zu wissen, darunter liegen Menschen, Kinder, Häuser begraben. 175 Bewohner starben, im ganzen Tal gab es etwa 500 Todesopfer, darunter viele Trekking-Touristen.

Auch die beiden einzigen Pfade – Straßen gibt hier es keine – wurden an vielen Stellen durch Erdrutsche und Steinschläge unpassierbar. Die Lawinengefahr war so groß, dass die Behörden Überlebende per Hubschrauber evakuierten. Nach dem Verlust von Angehörigen und der Zerstörung ihrer Häuser folgte für die Menschen die wirtschaftliche Katastrophe: der Einbruch des Tourismus, der größten Einnahmequelle im Tal.

Alpenverein initiierte Hilfsprojekt

Beliebt bei Touristen ist Langtang auch wegen der Nähe zu Kathmandu. Es sind nur 120 Kilometer, was bei nepalesischen Straßenverhältnissen dennoch eine Tagesreise bedeutet. Autobahnen sind Mangelware, asphaltierte Straßen ebenso. Über weite Strecken schaukelt sich der Bus im Schneckentempo über Schotterpisten voller Schlaglöcher. Am Abend erreicht man durchgeschüttelt wie ein Smoothie die Endstation: die zwischen steilen Bergen eingekeilte Ortschaft Syrabubesi auf 1500 Meter. Jetzt kommt man nur noch zu Fuß weiter.

Sehen Sie im Video einen kurzen Streckenabschnitt auf dem Weg ins Langtang-Tal:

Anfangs bezaubert das Tal durch dschungelartige Wälder voller mit Farn bewachsener Bäume, riesiger Bambusstauden und aromatisch duftender Cannabis-Sträucher. Dann weitet sich das Tal zu Hochflächen mit Wiesen, auf denen zottelige Yaks grasen, bis man schließlich in eine karge Hochgebirgslandschaft gelangt, die von den schneebedeckten Sechs- und Siebentausender-Riesen des Himalaja dominiert wird. Dieses Panorama ist ein weiterer Grund, warum das Tal neben der Mount-Everest- und der Annapurna-Region das beliebteste Trekkinggebiet in Nepal ist.

Auch der Deutsche Alpenverein (DAV) und dessen Reiseveranstalter, der Summit Club, haben immer wieder Touren hierher organisiert. Nach der Katastrophe wollten viele Mitglieder helfen, weshalb der DAV eine Hilfsaktion zum Wiederaufbau der Wege initiierte. Für die Umsetzung holte der Verein bewusst zwei lokale Organisationen mit ins Boot: die Trekking Agencies Association of Nepal (TAAN) und das Wiederaufbau-Komitee Langtang (MMCR). „So ist es uns gelungen, Korruption zu vermeiden. Jede Rechnung musste von drei Partnern unterschrieben werden, so konnte keiner eine fälschen“, erklärt Projektleiter Gunnar Amor.

Geöffnete Lodges im Langtang-Tal

Wo Felsen, Geröll oder Wasser das Durchkommen bisher verhinderten, finden sich nun neu angelegte Wege. Gefährliche Hänge wurden mit Steinkörben gesichert, über von Geröll verschüttete Abschnitte neue Steinstufen gesetzt. Die Hälfte der Spendensumme von 100 000 Euro kostete der Bau einer Stahlbrücke über den Langtang Khola, den wilden, ungezähmten Fluss, dessen Rauschen und Tosen die mal lautere, mal leisere Begleitmusik einer Langtang-Tour ist.

Zur Brückeneinweihung sind zwei buddhistische Priester gekommen, im religiös geprägten Nepal eine Selbstverständlichkeit. Sie sitzen vor einem provisorisch aufgebauten Altar, einer hält ein Gebetbuch, einer bimmelt mit einer Glocke, gemeinsam sprechen sie Gebete in einem eintönig klingenden Singsang. „Mit dieser Zeremonie sollen der Brücken- und der Wassergott gnädig gestimmt werden“, erklärt Trekkingführer Santosh Giri. Auf dass künftig Einheimische und Wanderer unbeschadet auf die andere Talseite kommen. Dank der Brücke kann ein von Erdrutschen bedrohter Abschnitt umgangen werden.

Das Wegebauprojekt ermutigte viele Einwohner, in ihre Dörfer zurückzukehren, darauf hoffend, dass nun auch wieder mehr Besucher kommen. Die Hütten sind fast überall wieder geöffnet und zahlreich vorhanden. Cola, Tee, einen Teller Nudelsuppe oder das traditionelle Dal-Bhat-Gericht – Reis mit Linsen und Gemüse – bekommt man für wenige Euro. Die Ausstattung der Zimmer ist einfach, nur ein Bett (Schlafsack ist mitzubringen), selten auch ein Badezimmer. Manche Logdes liegen traumhaft wie die von Dindu Tamang (60) auf 2400 Meter. Der jugendlich wirkende Mann mit Baseball-Kappe vermietet zehn Zimmer, gerade mal drei Euro kostet die Nacht. „Als die Erde bebte, bin ich mit meiner Familie weggerannt und habe auf dem Berg als Bauer gearbeitet. Jetzt bin ich froh, wieder hier zu sein“, erzählt Tamang, der mit Frau und Sohn hier lebt.

Schwarzwälder Kirschtorte im Bergdorf

Auch Langtang entsteht neu. Direkt hinter der Geröllschicht, aus der wie als Zeichen der Hoffnung zwei junge Bäumchen sprießen, haben die Bewohner begonnen, ihre Häuser aufzubauen. Einen farbigen Kontrast zum grauen Stein der Fassaden bilden die blauen Wellblechdächer, die fast jedes Haus bedecken. An vielen Stellen wird noch gebaut, das „Sunrise Guest House“ hat erst kürzlich wieder eröffnet. Es strahlt noch den Glanz eines Neubaus aus und bietet überraschende Annehmlichkeiten wie eine westliche Toilette. Dejen Lama, erst 27 Jahre alt, ist die Chefin, beschäftigt zwei Köche und hat in ihrer ruhigen, zurückhaltenden Art alles im Griff. Alles ist aufgeräumt und sauber.

Am frühen Morgen dann ein magischer Moment. Aus dem dichten Wolkenkranz blitzt plötzlich eine blütenweiße Bergspitze hervor, rein, unberührt und fast den Himmel berührend. „Das ist der Himalaja“, ruft jemand ergriffen. Inmitten der stillen Riesen, auf etwa 3900 Meter, liegt dann der letzte Ort des Tales: das Bergdorf Kyanjin Gumba. Es ist ein guter Ausgangspunkt für eine Gipfelbesteigung – und sei es nur auf einen kleinen wie den 4300 Meter hohen Kyanjin Ri.

Hier oben, in der Abgeschiedenheit der nepalesischen Bergwelt, drängt sich dann unvermittelt die Heimat auf. In der Lodge gibt es doch tatsächlich Schwarzwälder Kirschtorte, Apfelkuchen und Cappuccino. Besitzer Ngerup Tamang hat das Café kürzlich eröffnet. Er weiß, was den (deutschen) Trekking-Touristen gefällt. „Ich war nie in Deutschland, aber von dort kommen viele Gäste“, sagt er hoffnungsvoll. Möge es sich für ihn und alle anderen auszahlen.

Infos

Anreise

Von Frankfurt oder München z. B. mit Etihad Airways (www.etihad.com) über Abu Dhabi nach Kathmandu oder über Doha mit Qatar Airways (www.qatarairways.com). Das Visum ist am Flughafen Kathmandu erhältlich.

Das Hilfsprojekt Ein Video und weitere Infos zum Projekt des Deutschen Alpenvereins unter: www.alpenverein.de Veranstalter Der DAV Summit Club bietet 2018 viele unterschiedliche Reisen nach Nepal an, darunter ins Langtang-Tal. Es gibt acht Termine, der erste ist vom 17. Februar bis 5. März 2018, Preis ab 1949 Euro. www.dav-summit-club.de Geführte Trekking-Touren ins Langtang-Tal gibt es z. B. auch von Wikinger-Reisen: www.wikinger-reisen.de Individuell wandern Im Langtang-Tal gibt es sehr viele Lodges, in denen man sehr günstig übernachten und essen kann. Die Ausstattung ist oft sehr spartanisch. Auch wenn man individuell unterwegs ist, empfiehlt es sich, einen Führer und Träger für die Wandertour zu engagieren. Die Bevölkerung ist auf diese Jobs angewiesen. Ein Träger verdient etwa zwölf Euro pro Tag. Reisezeit Beste Zeiten für Trekking-Touren in Nepal sind der Herbst und das Frühjahr. Im Dezember/Januar kann es zu winterlich sein. Währung Es wird mit Rupien gezahlt. Ein Euro entspricht etwa zehn Rupien.

Was Sie tun und lassen sollten Eine der wichtigsten Regeln bei der Höhenakklimatisation ist langsam aufzusteigen und sich nicht zu verausgaben. Kurze Hosen und Tops sind auch beim Trekking keine der Kultur des Landes angemessene Kleidung.