Der Treffpunkt Rotebühlplatz wird gefeiert. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

25 Jahre und kein bisschen leise ist der Treffpunkt Rotebühlplatz im Herzen der Stuttgarter Innenstadt. Das Kultur- und Bildungshaus platzt wegen der großen Nachfrage längst aus allen Nähten und ist zur Heimat für Bildungswillige aller Generationen und aus vielen Ländern geworden.

Stuttgart - Als „Protzbau“, „Kulturschiff“ und „Hochsicherheitstrakt à la Stammheim“ war der Treffpunkt Rotebühlplatz bei seiner Eröffnung vor 25 Jahren von manchen Kritikern bezeichnet worden, während sein Architekt Horst Haag vom sakralen Charakter und intellektuellen Habitus seines Baus überzeugt war. Und heute? Sticht das Haus vor allem durch seine Offenheit hervor. Damit ist nicht nur das große, stockwerkübergreifende Foyer gemeint, um das herum sich insgesamt 374 Räume gruppieren, sondern auch die Vielfalt seiner Nutzer. 3000 Besucher seien es jeden Tag, berichtet Dagmar Mikasch-Köthner, die Chefin der Volkshochschule (VHS) – der größten der sechs Nutzungseinrichtungen, zu der auch der Treffpunkt Kinder gehört. Aber auch Musikschule, Treffpunkt 50plus, Max-Eyth-Schule, Robert-Mayer-Schule und die inklusiv besetzte und atmosphärische Gastronomie Rudolfs Küche & Café sorgen dafür, dass ein äußerst buntes Völkchen den Weg in dieses Haus findet – Bildungshungrige, Tanzfreudige, Kreative, Diskursbereite, Gesundheitsinteressierte, kleine und große Musikanten, aber auch Analphabeten und Menschen, die keineswegs dem klassischen Bildungsbürgertum zuzurechnen sind. Oder einfach Hungrige, die in der Nachbarschaft arbeiten.

Das sei Absicht, sagt Mikasch-Köthner. Und sie spricht dabei auch für die Nutzergemeinschaft, die von der VHS koordiniert wird. „Mein Anliegen ist, so viele Begegnungsmöglichkeiten wie möglich zu schaffen“, sagt sie. Dazu trage natürlich auch der Treffpunktcharakter des Hauses bei. „Es gibt kaum ein anderes Gebäude in der Stadt, in dem alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Alter, Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit oder individueller Vorbildung unter einem Dach zusammenfinden, um zu lernen“, erklärt sie. Dass die Mediathek ausgezogen und nun in der neuen Stadtbibliothek untergebracht ist, bezeichnet die VHS-Chefin allerdings als „Verlust für das Haus, den wir nicht ausgleichen konnten“.

Der Rotebühltreff ist bis unter Dach belegt

Für viele steht der Treffpunkt Rotebühlplatz beinahe schon als Synonym für die VHS, die diesen Ort auch ausgiebig nutzt. „Die Räumlichkeiten sind sehr zukunftsorientiert geplant worden“, findet Mikasch-Köthner im Blick darauf, wie wandelbar die Nutzung ist – die offene Halle, die Messen, Märkte und Ausstellungen ermögliche, und auch die fünf Veranstaltungssäle oder die Werkstätten. Aber: „Der Treffpunkt Rotebühlplatz ist bis unters Dach belegt, da gibt es keine Ausbaumöglichkeiten“, sagt die VHS-Chefin. Das Angebot ist einerseits geprägt vom Lernbedarf seiner Nutzer, der den jeweiligen Trends unterliegt, andererseits gibt es regelmäßig Veranstaltungen mit den Schwerpunkten Musik, Tanz, Film und Vortrag aber auch Experimentelles. Zu den Highlights gehören das internationale Solo-Tanz-Theater Festival und der „Tag der Kulturen“.

Das Haus ist auch eine Art Nukleus. Für die VHS ist er einer von 165 Veranstaltungsorten. Noch stärker als bisher würde die VHS ihre Angebote gern flächendeckend in die Stadtbezirke tragen, wie Mikasch-Köthner betont – „dort sollten wir stärker präsent sein, nicht allein durch Ehrenamtliche“. Schon jetzt gebe es viele Kooperationen mit etablierten Einrichtungen, etwa der Jugendhaus-Gesellschaft und den Stadtteil- und Familienzentren.

VHS hätte gern einen zweiten großen Standort in der Innenstadt

Zugleich aber wünscht sich die VHS-Chefin in der Stadtmitte „ein starkes Bildungsdreieck zwischen Rotebühltreff, Hospitalhof und Uni“. Sie begründet das so: „Wenn man mehr Menschen an Bildung heranführen will, müssen die Institutionen sich stärker vernetzen.“ Zudem strebt die VHS einen zweiten, großen Innenstadtstandort an, das habe der Bildungsträger in einem Grundsatzbeschluss festgelegt. Grund ist auch, dass man einen Ausweichstandort brauche, wenn der Treffpunkt Rotebühlplatz saniert werde. Die Toiletten seien in die Jahre gekommen, auch die Gebäudetechnik müsse erneuert werden. Es gebe nur an einigen Stellen im Haus W-Lan.

Schon aus Anlass des Auszugs des Abendgymnasiums aus dem Ebelu hatte die VHS für ihre Vision eines Schulzentrums für Erwachsene geworben. Das hatte nicht geklappt, aber mit dem neuen Standort des Abendgymnasiums in dem Neubau der Alexander-Fleming-Schule bei den Wagenhallen seien alle sehr zufrieden, so Mikasch-Köthner.

Von Seiten der Gemeinderatsfraktionen gibt es Rückenwind für die Pläne der VHS: Grüne, SPD und SÖS/Linke-plus fordern einen zweiten zentralen Standort in unmittelbarer Nähe zum Rotebühlplatz, um dort die Angebote zur sprachlichen, schulischen und beruflichen Qualifizierung sowie die Verwaltung zu bündeln. Zudem müsse der Standort Bad Cannstatt aufgrund seiner zentralen Versorgungsfunktion, auch für die Neckarvororte, weiterentwickelt werden. Konkretes gibt es bisher nicht.

Sicherheitsdienst muss für Ordnung sorgen

Am Treffpunkt Rotebühlplatz haben die zentrale Lage, aber auch die Offenheit des Hauses nicht nur Vorteile. Denn immer wieder nutzen auch Grüppchen, die gar nichts mit Lernen am Hut haben, das geheizte Foyer, darunter auch Leute aus der Drogenszene. Ein Sicherheitsdienst schaue jedoch, dass nichts aus dem Ruder läuft. Dass, wie vor kurzem geschehen, ein 39-jähriger Besucher Opfer eines – allerdings vergeblichen – Raubversuchs wurde, sei „ein bisher einmaliger Vorgang“, versichert die VHS. „Belästigungen oder gar Tätlichkeiten gegenüber Besuchern sind unseres Wissens noch nicht vorgekommen“, so eine Sprecherin. Als Ärgernis sieht Gudrun Hähnel, die Hausleiterin des Rotebühltreffs, dass der vorgezogene Abendtarif in der Tiefgarage für Kursleiter und Teilnehmer mit Beginn dieses Jahres abgeschafft wurde. „Es gab einen Proteststurm der Dozenten“, berichtet Mikasch-Köthner. Doch jetzt wird erst mal Geburtstag gefeiert.