Transgender-Athleten stehen in vielen Sportarten noch zwischen den Stühlen. Foto: stock.adobe /Delphine Poggianti

Die Debatte um Transgender-Athleten reißt nicht ab. Die Sportverbände sind hin- und hergerissen und liefern unterschiedliche Regelungen.

In der weltweiten Debatte um Transmenschen im Sport überarbeiten derzeit einige internationale Sportverbände ihre Regeln. Vor allem bei Trans-Frauen, die erst nach der Pubertät ihr Geschlecht wechselten, kommt oft die Frage auf, ob diese nicht einen biologischen Vorteil besitzen. In welcher Kategorie sollen Transsexuelle in sportlichen Wettkämpfen teilnehmen?

Die Sportverbände versuchen Lösungen zu finden: Komplett ausschließen, selber entscheiden lassen, eine offene Kategorie schaffen oder teilweise zulassen, aber nur, wenn die Geschlechtsanpassung vor einem gewissen Alter durchgeführt wurde oder das Testosteronlevel passt: Die breite Palette an Entscheidungen zeigt, wie schwer sich die Sportwelt tut, mit Transsexuellen umzugehen.

Olympia und das IOC

Das Internationale Olympische Komitee hatte die Verantwortung in dieser Causa in die Hände der Fachverbände gelegt. Bereits 2015 entschied das IOC, dass kein chirurgischer Eingriff mehr nötig sei, um als Mann oder Frau zu gelten. Nachdem die neuseeländische Gewichtheberin Laurel Hubbard 2018 in Tokio als erste offen lebende Transfrau an Olympia teilgenommen hatte, gibt es eine Richtlinie, die Diskriminierung verhindern soll und das Recht aller Sportlerinnen und Sportler auf die Teilnahme an Wettkämpfen betont. Einen pauschalen Testosteron-Grenzwert gibt es nicht mehr.

Schwimmen

Die Fina hatte am 19. Juni in ihren neuen Regeln für Transmenschen festgelegt, dass sie nur an Frauen-Schwimmwettbewerben teilnehmen können, wenn sie ihre Geschlechtsanpassung bis zum Alter von zwölf Jahren abgeschlossen haben. Diese Regelung wurde mit einer Mehrheit von 71.5 Prozent beschlossen. Zudem gibt es Überlegungen, eine sogenannte „offene“ Wettkampfkategorie einzuführen, was Kritiker aber eher als weitere Diskriminierung denn als Inklusion ansehen. Dieser Entscheidung von Fina ging eine Debatte um die US-Amerikanerin Lia Thomas voraus. Die Trans-Athletin gewann im März die amerikanischen College-Meisterschaften im 500 Yard-Freistil.

Leichtathletik

Leichtathletik-Weltverbandspräsident Sebastian Coe lobte die Festlegungen der Fina und zeigte sich offen für Regeländerungen. Man sehe einen internationalen Verband, der sein Recht bei der Festlegung von Regeln, Vorschriften und Richtlinien geltend mache, die im besten Interesse seines Sports seien, sagte Coe dem Sender BBC. „Das ist so, wie es sein sollte. Wir haben immer geglaubt, dass die Biologie das Geschlecht übertrumpft, und wir werden unsere Vorschriften weiterhin entsprechend überprüfen. Wir werden der Wissenschaft folgen“, sagte der zweimalige 1500-Meter-Olympiasieger.

Man werde weiter forschen und Beweise dafür zusammentragen, dass Testosteron eine Schlüsselrolle bei Leistungen spiele. Ende des Jahres solle das Exekutivkomitee des Weltverbandes das Thema diskutieren. Bislang müssen Transathletinnen vor einem Wettkampf einen Testosteronspiegel von unter 5 Nanomol pro Liter Blut für zwölf Monate nachweisen.

Fußball

Der Fußball-Weltverband Fifa überarbeitet derzeit sein Reglement zur Geschlechtergerechtigkeit in Absprache mit Experten. Die Fifa stütze sich dabei auf die Vorgaben zahlreicher Interessengruppen für Medizin, Recht, Wissenschaft/Leistung und Menschenrechte. Der Verband verwies zudem auf den IOC-Rahmen für Fairness, Inklusion und Nichtdiskriminierung aufgrund von Geschlechtsidentität und Geschlechtsunterschieden vom November 2021.

Der DFB gab am 23. Juni bekannt, dass zukünftig jeder Spieler mit dem Personenstandseintrag „divers“ oder „ohne Angabe“ selber entscheiden dürfe, ob ihnen die Spielberechtigung für ein Frauen- oder Männerteam erteilt werden soll. Dasselbe gelte für Spieler und Spielerinnen, die ihr Geschlecht angleichen ließen. Diese Regelung tritt für die Saison 2022/23 in Kraft und sei gültig für den DFB-Amateurfußball, den DFB-Jugendfußball und die DFB-Futsal-Ordnung.

Rugby

Im Rugby ist unter anderem die Frauen-Weltmeisterschaft im November in England betroffen, wo Transmenschen nun ausgeschlossen sind. Ziel der IRL sei eine „umfassende Inklusionspolitik“. Anne-Marie Kortas vom Deutschen Rugby-Verband sagte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, dass diese Studie für eine Begründung ungeeignet sei. An der schwedischen Studie hätten nur elf Frauen teilgenommen, es seien keine Transfrauen involviert gewesen und die Muskelgruppen, die untersucht wurden, seien nicht relevant für Rugby. Die Regelung des Rugbyverbandes sei vorläufig gültig, bis 2023 eine endgültige Linie zum Thema Inklusion gezogen werde.

Radsport

Der Radsport-Weltverband UCI verlängerte die Übergangszeit von zwölf auf 24 Monate und senkte den maximalen Wert für den zulässigen Testosteronspiegel von 5 auf 2,5 Nanomol pro Liter Blut. Dies entspreche „dem maximalen Testosteronspiegel, der bei 99,99 Prozent der weiblichen Bevölkerung gefunden wird“, hieß es. Durch die Änderungen sollen die Inklusion der jeweiligen Sportlerinnen aber auch Fairness, Chancengleichheit und Sicherheit gewahrt bleiben.