VfB-Vorstandsboss Hitzlsperger (li.), Sportdirektor Mislintat: Schwierige Trainerfrage. Foto: Baumann

Die VfB-Bosse nehmen sich in der Trainerfrage Zeit bis nach Weihnachten – begeben sich damit aber weiter in die Zwickmühle.

Stuttgart - Die „knallharte Analyse“, die Sportdirektor Sven Mislintat nach dem 2:2 des VfB Stuttgart bei Hannover 96 angekündigte hatte, ist noch immer nicht abgeschlossen und wird durch die Weihnachtsfeiertage wohl nur unterbrochen. Am Montag bat Mislintat um Verständnis, „keine Wasserstandsmeldungen“ abzugeben. Das bedeutet, dass Tim Walter noch immer Trainer des Fußball-Zweitligisten ist. Zumindest bis auf Weiteres.

Auch eine Weiterbeschäftigung ist denkbar

Die Verantwortlichen um Mislintat und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger stecken im Dilemma. Halten sie an ihrem Trainer fest, was nach wie vor unwahrscheinlich, aber zumindest denkbar ist, gehen sie mit einem beschädigten Chefcoach ins neue Jahr, das es mit dem Start gegen Verfolger 1. FC Heidenheim gleich in sich hat. Als Stärkung des Trainers ließe sich die Hängepartie der vergangenen Tage, ja Wochen, nur schwerlich verkaufen.

Hier geht es zur Analyse des Hannover-Spiels

Selten waren die Kritik an der sportlichen Ausbeute, die Ansagen so deutlich, wurde eine offene Rückendeckung des Trainers so klar vermieden wie jetzt. Wie sagte Hitzlsperger kürzlich: „Wir müssen akzeptieren, dass es auf dem Trainerposten in den seltensten Fällen Kontinuität gibt.“ Dann noch die angekündigte Analyse zwei Tage vor Weihnachten, ein alles andere als übliches Ritual. Eine Weiterbeschäftigung Walters müssten Hitzlsperger und Mislintat vor diesem Hintergrund mit guten Argumenten unterfüttern.

Die Beteiligten gehen auf Tauchstation

Wie zu hören ist, war am Montag tatsächlich noch keine Entscheidung gefallen. Offiziell gehen alle Beteiligten auf Tauchstation. Die sich in die Länge ziehenden Beratungen deuten stark auf die vorzeitige Auflösung von Walters bis 2021 laufenden Vertrag und der Suche nach einem neuen Coach hin – schließlich ist alles eine Frage der Alternative.

Die richtige zu finden, erfordert Mut, Geschick und Glück. Schließlich gestaltet sich der Trainermarkt für ambitionierte Zweitligisten überschaubar. Vor allem: Welche Art Trainer hilft dem VfB jetzt weiter? Anders als zu Bundesligazeiten, als jeder Versuch des Neuanfangs mit einem Retter der Marke Stevens oder Korkut stets nur in der defensiven Stabilisierung und somit in der Schadensbegrenzung endete, bräuchte es nun jemanden, der das Stuttgarter Offensivspiel neu ausrichtet. Ein aktiver Coach, der mehr als das Spiel gegen den Ball beherrscht. Jemand, der den deutschen Profifußball aus eigener Traineranschauung kennt, wäre ebenso von Vorteil wie gleichermaßen eine gewisse Unverbrauchtheit. Nicht zuletzt sollte der Neue der Mannschaft eine Perspektive für die Bundesliga aufzeigen können. Die zweite Liga gilt schließlich nur als Zwischenschritt.

Hitzlsperger steht vor Nagelprobe

Nur, wer kommt da in Frage? Mislintat verfügt über ein großes Netzwerk mit guten Kontakten nach Dortmund und nach England, Hitzlsperger wird in Personalfragen ein enger Draht zu Nachwuchschef Thomas Krücken, einem langjährigen Mainzer, nachgesagt. Woraus sich zumindest die Spur zu einem noch unbekannten Trainertalent ableiten ließe – wie seinerzeit zu Hannes Wolf. Was nach Walter aber nur das nächste Experiment mit ungewissem Ausgang wäre.

Erste gehandelte Kandidaten wurden von Hitzlsperger persönlich dementiert. Der Vorstandschef, der immer wieder den Respekt vor der Größe seiner Aufgabe bekundet, steht vor seiner Nagelprobe. Denn egal, wie die Trainerfrage beim VfB letztlich ausgeht – die Entscheidung wird eng mit ihm einhergehen.