Lange Zeit ein Symbolbild auf dem Marktplatz: Das Firmenlogo von Spielwaren Kurtz Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Schock bei den Spielwaren-Kurtz-Mitarbeitern sitzt tief. Die Muttergesellschaft Kanz hat Insolvenz angemeldet. Doch der vorläufige Insolvenzverwalter sucht nach Lösungen für eine Zukunft.

Stuttgart - Die Nachricht erreichte führende Mitarbeiter von Spielwaren Kurtz wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das Traditionshaus, das seit 1833 in der Stadt Spielwaren verkaufte, ist am Ende. „Haben Sie Verständnis, dass wir in dieser Situation nichts sagen möchten“, sagte ein Mitarbeiter, „ich weiß es auch erst seit Mittwochabend und keinerlei Details.“ Inzwischen sind die Beschäftigten per Rundmail über die Insolvenz des Unternehmens sowie die weiteren Schritte informiert worden.

Der Schock sitzt seitdem tief. Zumal sich die Verantwortlichen bei Kurtz trotz der Corona-Krise einigermaßen sicher wähnten. Allerdings ist das Traditionshaus, das Jahrzehnte am Marktplatz zu finden war, nicht mehr selbstständig gewesen. Kurtz ist eine Tochter der Kanz-Gruppe (Kindermode) aus Pliezhausen (Landkreis Reutlingen), die einen Insolvenzantrag gestellt hat. Nach eigenem Bekunden sei die Kanz-Gruppe bereits geschwächt in die Krise gegangen, die Ladenschließungen und das Kontaktverbot haben offenbar den letzten Nagel in den Sarg von Kanz getrieben. Levent Isli, Head of Retail bei Kanz, bestätigt: „Spielwaren Kurtz war eigentlich stabil.“

Krise im Textilhandel

Das macht die Sache für die Mitarbeiter und Stammkunden umso unverständlicher. Natürlich wissen alle im Handel, wie schwer die Lage ist. Vor allem für das Segment der Textilien. Die Insolvenz von Esprit oder die Massenentlassungen bei s.Oliver sind womöglich nur der Anfang einer Pleitewelle im Bereich Textil und Schuhe gewesen.

Nun stellt sich die Frage, wie es mit Kurtz, den 1300 m² Handelsfläche und den 30 Mitarbeitern weitergeht? An dieser Zukunftsfrage arbeitet nun der vorläufige Insolvenzverwalter Tobias Wahl. Er hatte sich zuletzt bei der Rettung des Buchgroßhändlers KNV einen Namen gemacht und sagt darüber: „Aus beruflicher Sicht war für mich der Tag am schönsten, an dem ich den Kaufvertrag mit Zeitfracht abschloss und wusste, dass das gesamte Unternehmen KNV mit allen Arbeitsplätzen erhalten bleibt.“

Diese Tatsache könnte den Kurtz-Mitarbeitern Hoffnung machen. Auch der Sprecher von Tobias Wahl, Pietro Nuvoloni von der Medien-Agentur dictum, bestätigt: „Das Insolvenzverfahren bedeutet nicht das Aus.“ Allerdings erschwere die Corona-Krise das Verfahren, da der augenblickliche Vertrieb so gut wie lahmgelegt sei. Weiter sagt Nuvoloni: „Die Mitarbeiter sind nun alle bei der Agentur für Arbeit gemeldet.“ Tobias Wahl könne aber seinen großen „Instrumenten-Koffer“ erst auspacken, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Dann beginne die Suche nach einem Investor. Nuvoloni betont die Chancen, die in so einem Verfahren liegen und nennt abermals die Erfolgsgeschichte der KNV-Rettung: „Es ist keine Liquidation. Nach so einem Verfahren kann ein Investor mit dem Unternehmen schuldenfrei starten.“ Weiter sagt er: „Der vorläufige Insolvenzverwalter und sein Team werden alles unternehmen, um eine Zukunftslösung zu finden - auch wenn dies im Zuge der Corona- Krise nicht einfach werden wird.“

Rettung wird nicht leicht

Selbst wenn die Rettung von Spielwaren Kurtz gelingt – die Zukunft wird nicht leicht. Denn seit 2013 ist Kurtz auf einem Rückzugsgefecht. Seit sieben Jahren befindet sich der Haupteingang des Ladens nicht mehr am Marktplatz, sondern am rückwärtigen Eingang in der Sporerstraße. Seitdem verkauft auf Teilen der früheren Fläche ein Schweizer Konzern Kaffeekapseln. Die Rückgänge beim Umsatz machte Kurtz damals durch Einsparungen bei der Miete wett, die an die Eigentümerin (Piëch Holding) fließt.

Was damals zur Überlebensstrategie des Geschäftsführenden Gesellschafters Bernd Stocker gehörte, kritisierte der nachfolgende Geschäftsführer Stefan Marder nach dem Verkauf an Kanz: „Aus wirtschaftlicher Sicht würde ich heute noch Ja zu der Verkleinerung der Fläche sagen, „aber unter dem Aspekt der Warenpräsentation würde ich jetzt Nein sagen.“ Das Grundproblem der Spielzeugbranche ist: Nur noch knapp 40 Prozent aller Konsumenten kaufen ihr Spielzeug beim örtlichen Fachgeschäft. 25 Prozent besorgen sich die Modelleisenbahn oder die Rennbahn übers Internet oder bei den Discountern und Drogeriemärkten.

Allerdings setzte auch Marder offensichtlich bei der Übernahme und Neuausrichtung von Kurtz auf eine umstrittene Strategie: „Nur Spielwaren in Gänze anzubieten, würde auf Dauer nicht reichen“, sagte er damals, „daher versuchen wir seit geraumer Zeit, zusätzlich Kinderkonfektion anzubieten.“ Ausgerechnet Textilien. Ein Segment, das bereits vor der Corona-Krise stark unter Druck war.