Der Stand von Scientology beim Markgröninger Schäferlauf Foto: privat

Ohne Wissen der Stadtverwaltung hat ein Mann an einem Stand auf dem Krämermarkt Bücher der umstrittenen Organisation angepriesen. Einen ähnlichen Vorfall gab es bereits vor einigen Jahren.

Markgröningen - Die umstrittene Organisation Scientology hat mit einem Stand auf dem Markgröninger Schäferlauf Aufsehen und Verärgerung verursacht. Unter einem gelben Pavillon mit der Aufschrift „Man kann immer etwas tun“ habe ein Mitglied am Samstag und Sonntag unter anderem Bücher über Dianetik, ein System der Psychotherapie des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard, angeboten, berichtet Markgröningens Bürgermeister Rudolf Kürner (parteilos). Dem Rathauschef war das gar nicht recht – aber offenbar war er machtlos dagegen.

Die Stadt hat keine Handhabe

Ein Mann aus Filderstadt soll sich für den Platz mit einem Stand für Bücher, CDs und DVDs beworben haben – mit Erfolg. Ob er im Auftrag von Scientology oder eigenmächtig handelte, ist bei der Stadt nicht bekannt. Bei der Scientology-Gemeinde Baden-Württemberg, die vor knapp einem Jahr in Stuttgart eine neue Niederlassung eröffnet hat, war am Donnerstag niemand zu erreichen.

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Als Rudolf Kürner am vergangenen Wochenende von Marktbesuchern über den Stand informiert wurde, war es schon zu spät. „Eigentlich passen Bücherstände gut zum Markt“, sagt der Bürgermeister, „aber solche Leute wollen wir natürlich nicht haben.“ Hätte man vorher Bescheid gewusst, hätte die Verwaltung „schon Wege gefunden, den Stand zu verhindern“, so Kürner. Der Bürgermeister vermutet, dass Scientology den Stand über eine Privatperson angemeldet habe, weil sie andernfalls keinen Platz auf dem Markt bekommen hätten. „Die wissen selber, dass das, was sie verbreiten, nicht astrein ist.“ Den Stand während des Marktes wieder abzubauen, sei nicht mehr möglich gewesen: „Die hatten einen Vertrag mit uns.“

2005 ergatterte ein Scientologe kurz vor Festbeginn einen Platz

Prinzipiell kann sich jeder für einen Krämermarkt-Stand bewerben. Die Verwaltung denkt nun darüber nach, die Richtlinien für die rund 600 Bewerber, von den 250 einen Platz erhalten, zu erweitern. Sie sollen künftig ihre komplette Angebotspalette offenlegen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Stadt die Beschicker strenger kontrollieren will. Bereits 2005 hatte Scientology kurz vor dem Fest einen Stand ergattert, weil ein anderer Teilnehmer abgesprungen war. Ein Scientology-Sprecher hatte damals mitgeteilt, dass die Mitglieder durchaus auch eigeninitiativ handeln dürften.

Scientology wird seit 1996 vom Verfassungsschutz beobachtet

Scientology ist in Deutschland nicht verboten, wird aber vom Verfassungsschutz beobachtet. Dieser geht davon aus, dass die Gemeinschaft, die hierzulande seit 1970 existiert, eine Gesellschaft ohne allgemeine und gleiche Wahlen anstrebt und das demokratische Rechtssystem ablehnt. In der Öffentlichkeit gebe sich die Organisation aber als „unpolitische und demokratiekonforme Religionsgemeinschaft“. Zu dem Vorfall in Markgröningen sagte ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz: „Grundsätzlich ist es ihnen nicht verboten, auf solchen Märkten aufzutreten.“