Foto: Lichtgut/Jan Reich

Diese Band braucht keine Nebelmaschine, um Atmosphäre zu erzeugen: Im Jazzclub Bix hat das schwedische Trio Tonbruket locker Noise Art, Alternative Rock und Ambient Jazz verknüpft.

Stuttgart - In den Jazzclub Bix kommen die Stars gern und von überall her. Das schwedische Quartett Tonbruket (Klangfabrik) lockt an diesem nasskalten Novemberabend viele Besucher an. Gespannt erwarten sie die Nachfolgeformation des legendären Trios e. s. t. von Esbjörn Svensson, der 2008 bei einem Tauchgang im Beisein seines 14-jährigen Sohns tödlich verunglückt ist.

Masters of Fog, Herren des Nebels, heißt das brandneue, in die Jahreszeit passende Projekt. Was haben die vier Herren aus dem hohen Norden im Sinn? Wollen sie uns Angst einjagen wie einst John Carpenter mit seinem Horrorfilm „The Fog“, folgen sie den Spuren von Hermann Hesse („Seltsam, im Nebel zu wandern!“) oder sollen Nebelkerzen gezündet werden, um die Grenzen zwischen musikalischen Genres verschwimmen zu lassen? Eine Nebelmaschine auf der schmalen Bühne braucht es jedenfalls nicht, um eine geheimnisvolle Atmosphäre zu erzeugen. Tonbruket, musikalischer Massenware gänzlich abhold, vertraut auf die Magie der Klänge.

Wie die Shadows auf Droge

Aus dem Dunst elektronisch erzeugter Sounds, die Ersatz-Drummer Lars Skoglund sorgfältig rhythmisiert, schält sich eine wunderschöne Melodie heraus, die Johan Lindström an der Pedal Steel Guitar aufblühen lässt. Der stets entspannt lächelnde Kontrabassist Dan Berglund, Master Mind des Quartetts, verleiht ihr mit Flageoletts, welche die Grundtöne öffnen, eine schwebende Leichtigkeit. Eine träumerische Stimmung breitet sich aus. Doch da wird der Rhythmus härter und die Töne entschieden, ja schneidend. Die Fieberkurve steigt.

Unter weit geschwungenen Spannungsbögen begegnen sich Noise Art, Alternative Rock und Ambient Jazz. Lindström mit seiner psychodelischen Gitarrenkunst, mit der akustischen Gitarre, aber besonders mit der wertvollen Fender Esquire von 1957, deren Sounds an David Gilmour von Pink Floyd erinnern, spielt dabei eine Hauptrolle. „Wie die Shadows auf Droge klingt der“, scherzt ein älterer Besucher. Keyboarder Martin Hederos, mit wehendem Haar über die Tasten des Synthesizers gebeugt, raut die Harmonien gelegentlich mit Störgeräuschen auf, wie sie auch bei Radiohead zu hören sind. So entsteht mit der Zeit ein unwiderstehlicher Sog. Angst macht das nicht, im Gegenteil. Das Publikum jubelt und fordert rhythmisch klatschend Zugaben. Dann geht es wieder hinaus in eine nasskalte Novembernacht, während sich die Herren des Nebels nach dem Signieren von Tonträgern Maultaschen mit Kartoffelsalat schmecken lassen.