Natascha Cid hat bei der Eröffnung der neuen Sanitäreinrichtung den Personenlifter Foto: Horst Rudel

Die „Toilette für alle“ brauchen Menschen, die auf Windeln angewiesen sind. Die erste Einrichtung dieser Art im Kreis ist jetzt am Ebnisee eröffnet worden.

Althütte - Behinderten-WCs und Baby-Wickeltische gibt es inzwischen fast überall. Allein mit ihnen ist aber nicht allen geholfen, die am gesellschaftlichen Leben teilhaben wollen. Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen können keine herkömmlichen Toiletten benutzen, auch keine Rollstuhl-WCs. Sie benutzen Windeln – und die müssen irgendwo gewechselt werden können.

Der erste öffentliche Ort, an dem dies im Rems-Murr-Kreis unter menschenwürdigen Bedingungen geschehen kann, ist die neu eröffnete „Toilette für alle“ am Ebnisee. Sie ist erst die dritte dieser Art in Baden-Württemberg. Ein Umstand, das haben bei der Eröffnung alle Beteiligten betont, der sich schnellstmöglich ändern muss – zum Beispiel mit Blick auf die Interkommunale Gartenschau im Remstal in zweieinhalb Jahren. Es sei absolut unzumutbar, dass der Windelwechsel bei solchen Gelegenheiten oder auch an Ausflugszielen wie der Wilhelma oder im Blühenden Barock noch heute im Autokofferraum, hinter Büschen oder auf einer Parkbank erfolgen müsse. Das seien demütigende Situationen.

90 Prozent Zuschuss vom Land

Am Ebnisee ist die Sache mit dem Örtchen für diejenigen, die weder herkömmliche noch Behindertentoiletten benutzen können, in Zusammenarbeit zwischen dem Ebniseeverein, dem Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen und dem Landratsamt letztlich ziemlich schnell Realität geworden. Im Frühjahr, so berichtete der Ebniseevereinsvorsitzende Konrad Jelden, sei er von Ursula Hofmann vom Verein „Rückenwind – Pflegende Eltern“ auf das Problem aufmerksam gemacht worden. Für ihn und seine Mitstreiter beim Verein sei sofort klar gewesen: „Das wollen wir machen, im Sinne einer echten aktiven Inklusionsarbeit.“

Auch die Finanzierung des rund 6700 Euro teuren Umbaus im Gebäude beim Parkplatz neben dem Ebnisee hat da keine größeren Probleme bereitet. Das Land Baden-Württemberg hat für diese Umbauten ein Förderprogramm aufgelegt, das es ermöglicht, 90 Prozent der Kosten erstattet zu bekommen. Die 1100 Euro, die der Verein am Ende zu stemmen hatte, stammen aus der Geburtstagskasse des Vereinsvorsitzenden. Konrad Jelden hatte im vergangenen Jahr zu seinem 70. Geburtstag auf Geschenke verzichtet und stattdessen um Spenden für den Ebniseeverein gebeten.

Pflegeliege und Personenlifter

Die vom Land veranschlagten Fördermittel würden bisher leider bei Weitem nicht ausgeschöpft, sagte Petra Bittinger, die Sozialdezernentin des Kreises. Die Ausstattung der Toilette für alle besteht aus einem ausreichend großen Raum, einer Pflegeliege für Erwachsene und einem Personenlifter, der das Heben aus dem Rollstuhl auf die Liege ermöglicht. Den Zugang ermöglicht ein sogenannter Euroschlüssel, der den Betroffenen, die ihn ordern, Zugang zu sämtlichen derartigen Einrichtungen in ganz Europa verschafft.

Die Realisierung des Ortes zum Wechseln, betonte die Sozialdezernentin des Kreises, sei „ein wichtiger Schritt hin zu einer wirklich inklusiven Gesellschaft“.