Die am Steuer sitzende Uber-Fahrerin habe wiederholt nach unten geschaut statt auf die Straße, hieß es in einem mehr als 300 Seiten langen Bericht der Polizei in Tempe/Arizona. Foto: AP / Tempe Police Department

Der tödliche Unfall mit einem selbst fahrenden Uber-Testauto in den USA hätte nach Angaben der Polizei verhindert werden können. Laut einem Bericht der Ermittler schaute die Fahrerin auf dem Smartphone eine Castingshow.

San Francisco - Der weltweit beachtete Unfall eines selbst fahrenden Test-Autos des Fahrdienstvermittlers Uber im März lag nach Erkenntnissen der Polizei an der abgelenkten Fahrerin und war „vollkommen vermeidbar“. Die am Steuer sitzende Frau habe wiederholt nach unten geschaut statt auf die Straße, hieß es in einem mehr als 300 Seiten langen Bericht der Polizei in Tempe/Arizona.

Demnach soll die Frau auf ihrem Smartphone die Talentshow „The Voice“ verfolgt haben, bevor der Unfall passierte. Erst eine halbe Sekunde vor dem tödlichen Zusammenstoß mit einer 49-Jährigen, die im Dunkeln abseits des Zebrastreifens ihr Fahrrad über die Straße schob, habe die Fahrerin gebremst.

Sie müsste sich für Totschlag verantworten, schrieb die Polizei. Darüber hat jedoch die Bezirksstaatsanwaltschaft zu entscheiden, an die der Bericht weitergeleitet wurde. Die Fahrerin war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, der sie vertretende Anwalt nicht ausfindig zu machen. Uber wollte sich nicht äußern.

Die Polizisten werteten Daten des Streamingdienstes Hulu sowie Videoaufnahmen vom Innenraum des Unfallfahrzeugs aus. Bevor die Fahrerin bremste, hielt sie demnach gut fünf Sekunden lang den Kopf gesenkt. Während sieben der fast 22 Minuten, die dem Crash vorausgingen, sei Vasquez abgelenkt gewesen und habe nach unten geschaut. Sie habe währenddessen mehrmals gelacht. Der im autonomen Modus fahrende Volvo war mit einer Geschwindigkeit von fast 70 Stundenkilometern unterwegs.

Uber verbietet Testfahrern die Handynutzung am Steuer

Nach einem Bericht der Nationalen Behörde für Transportsicherheit, die den Fall ebenso untersuchte, erklärte die Uber-Mitarbeiterin, sie habe weder ihr Privat- noch ihr Diensthandy während des Unfalls benutzt, sondern nach unten auf den Überwachungsbildschirm des Wagens geblickt. Uber verbietet den Sicherheitsfahrern die Handynutzung, wenn sie mit einem autonomen Auto auf öffentlichen Straßen unterwegs sind. Zuwiderhandlung ist ein Entlassungsgrund.

Nach dem Bericht der Behörde hatte Uber das Notbremssystem des Volvo ausgeschaltet, auf die Bremse soll die Frau im Auto erst Sekundenbruchteile nach dem Zusammenstoß mit der Fußgängerin getreten haben. Die zu Tode gekommene Obdachlose schob ihr Fahrrad über die Straße - an einer Stelle, die nicht als Zebrastreifen markiert war, wie die Ordnungshüter betonten. Die Polizei veröffentlichte am Donnerstag die Aufnahmen des Notrufs der Uber-Fahrerin und Videos der Polizisten am Unfallort, auf denen markerschütternde Schreie zu hören sind.

Der Unfall sorgte wie schon zuvor Unfälle von Tesla-Autos im Autopilot-Modus für Zweifel an der Technik des autonomen Fahrens. Im Mai erklärte Uber, die Testfahrten im US-Bundesstaat Arizona zu beenden. Es werde aber an der Technologie festgehalten und in begrenztem Umfang Versuche in Pittsburgh und in zwei Städten in Kalifornien geben. Uber wolle sämtliche Sicherheitsvorkehrungen überprüfen und die Sicherheitskultur mit Hilfe eines früheren Bundesbeamten dafür verbessern.