Martin Fischer ist der Inhaber des Radgeschäfts Fahrschneller im Stuttgarter Westen.Foto: Lichtgut/Julian Rettig Foto:  

Carbon- oder Stahlrahmen? Scheiben- oder Felgenbremse? Und worauf sollte man achten, wenn man sein Fahrrad zur Reparatur abgibt? Martin Fischer aus dem Stuttgarter Laden Fahrschneller teilt sein Fachwissen.

Stuttgart - Der deutsche Satiriker Sebastian Hotz alias El Hotzo formulierte es unlängst auf Twitter so: „Fahrradläden sind die einzige Art Geschäfte, in denen du dafür verhöhnt wirst, dass du ihr Angebot in Anspruch nimmst.“ Für den augenzwinkernden Beitrag erntete der 26-Jährige viel Zuspruch. Offenbar fühlen sich viele Menschen ein wenig unwohl in einem Fahrradgeschäft oder einer Fahrradwerkstatt, weil ihnen Fragen gestellt werden, auf die sie keine Antwort wissen, komplizierte Fachbegriffe fallen oder ihnen Vorwürfe gemacht werden, dass sie ihr Rad in der Vergangenheit nicht ausreichend gepflegt hätten.

Auch Martin Fischer hat das immer wieder erlebt. Bevor er vor 13 Jahren einen Fahrradladen mit Werkstatt in Stuttgart eröffnet hat, hatte er BWL studiert und in unterschiedlichen Jobs in der Fahrradindustrie gearbeitet. Irgendwann merkte er, dass sich in vielen Geschäften die Mitarbeiter herablassend gegenüber den Kunden verhielten. „Ich merkte, dass es da Luft nach oben gibt“, so Fischer. In seinem Laden Fahrschneller versuchen er und seine zwei Mitarbeiter die Kunden so zu beraten, dass sie sich wohl fühlen, sagt er: „Arroganz ist fehl am Platz. Wir sind schließlich Dienstleister. Wenn ich in eine Autowerkstatt oder zum Zahnarzt gehe, weiß ich ja auch nicht genauestens Bescheid.“

Zu dreckig sollte man sein Rad nicht bringen

Drei Fragen sollte man sich allerdings zunächst stellen und für sich beantworten, bevor man in einen Laden geht, um sich ein neues Rad zu kaufen, rät Martin Fischer. Diese sind: Was ist der Einsatzzweck, also was will ich mit dem Fahrrad machen? Wie groß ist das Budget? Und wie hoch ist der eigene Anspruch auf professionelle Ausstattung? Wer „nur“ ein Rad für die Stadt benötige, um von A nach B zu kommen, erhalte für 500 oder 600 Euro etwas „halbwegs Solides“, sagt Fischer. Je mehr man ausgebe, desto mehr Qualität bekomme man – allerdings nur bis zu einer gewissen Grenze. Dann steige der Nutzen nicht mehr, sondern es gehe nur noch ums Prestige.

Und wenn man sein Fahrrad zur Inspektion oder Reparatur bringt – worauf sollte man dabei achten? Es gilt: Große Dreckbollen vorher zu entfernen, wäre freundlich und sinnvoll, sagt Martin Fischer. „Wenn man sein Rad komplett versifft bringt, kostet das im schlechtesten Fall Geld, weil wir es erst säubern müssen, um an manche Teile ranzukommen. Das kostet dann einfach Zeit.“

Ist es eigentlich peinlich, mit einem Platten in die Werkstatt zu gehen, weil man den nicht selbst flicken kann? Martin Fischer winkt ab. Nur wer längere Strecken fahre, sollte aus eigenem Interesse selbst irgendwann lernen, einen Schlauch zu flicken und zu wechseln. Und um keine Unsummen bei der Reparatur auszugeben, was hilft da? „Manchmal reicht auch einfach etwas Öl und Liebe.“

Welche unterschiedlichen Fahrräder es gibt

Ein Rennrad ist leicht und schnell, die Reifen sind hart aufgepumpt und dünn. Man sitzt sehr gebückt darauf. Rennräder sind für die Straße geeignet, nicht aber für Waldwege oder Schotterstraßen. Mountainbikes haben dickere Reifen mit viel Profil, sodass man auf unebenem Untergrund nicht wegrutscht. Und dann gibt es jede Menge dazwischen: Trekking- und Fitnessräder sind gut für Alltagswege geeignet. Gravelbikes und Tourenräder passen zu Menschen, die gerne schnell fahren, aber auch auf unebenem Untergrund unterwegs sind. Pedelecs haben einen Akku, der beim Fahren unterstützt.

Unterschied zwischen E-Bike und Pedelec

Die Begriffe E-Bike und Pedelec werden oft synonym verwendet, ganz korrekt bezeichnen aber nur Pedelecs jene Fahrräder, bei denen man selbst treten muss, damit der Elektromotor unterstützt. Für E-Bikes muss man nicht zwingend eigene Muskelkraft einsetzen. Für diese braucht man außerdem ein Nummernschild und darf nicht auf Radwegen unterwegs sein. Die meisten Fahrräder mit Elektromotor hierzulande sind also eigentlich Pedelecs.

Die leichtesten Pedelecs wiegen etwa 15 Kilo, „SUV-Fahrräder“, wie Martin Fischer sie nennt, rund 30 Kilo. Die Akkus von Pedelecs haben eine Kapazität zwischen 250 und 750 Watt – und je höher diese Wattzahl, desto weiter kommt man. Außerdem gibt es externe, also sichtbare Akkus und interne, die im Rahmen versteckt sind. „In den letzten Jahren geht der Trend eindeutig zum internen Akku.“

Welcher Fahrradrahmen sich für wen eignet

Am langlebigsten und zähesten sind Stahlrahmen, „wer eine Weltreise mit dem Rad plant, nimmt Stahl“, sagt Martin Fischer. Stahl wiegt aber recht viel. Titan ist leichter, ebenfalls zäh, aber teurer. Leichter und spröder als Stahl und Titan ist Aluminium. Am besten anpassen an die persönliche Belastung lässt sich Carbon. Martin Fischer vom Stuttgarter Radgeschäft Fahrschneller beschreibt es so: „Carbon bietet die meisten Möglichkeiten, ein megageiles Rad zu bauen.“

Unterschied zwischen Nabenschaltung und Kettenschaltung

Bei Alltagsrädern werden oft Nabenschaltungen verwendet, weil sie fast wartungsfrei sind. Nabenschaltungen sind in der Hinterradnabe – also dem Zentrum des hinteren Rads – integriert, wodurch alle Teile des Getriebes geschützt sind – und dadurch der Verschleiß niedriger ist.

Bei einer Kettenschaltung sitzt die Gangschaltung an der Kette. Sie ist in der Regel leichter, aus diesem Grund haben fast alle Sporträder eine Kettenschaltung.

Für wen sich Felgenbremsen und für wen Scheibenbremsen eignen

Es gibt bei Fahrrädern grundsätzlich zwei Arten von Bremsen; das sind Felgenbremsen und Scheibenbremsen. Bei einer Felgenbremse drückt der Bremsbelag auf den Felgenring und verlangsamt dadurch das Rad. Bei einer Scheibenbremse ist eine Scheibe an der Radnabe befestigt – also dem Zentrum des Rads –, beim Bremsen drücken zwei Klötze auf die Scheibe.

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Beide Bremsarten gibt es in mechanischer sowie in hydraulischer Ausführung. Mechanisch bedeutet, dass per Seilzug gebremst wird. Hydraulisch heißt, dass es eine Bremsflüssigkeit gibt, die verdichtet wird. „Wenn es um maximale Bremsleistung geht, sollte man eine hydraulische Scheibenbremse wählen“, sagt Martin Fischer. In der Wartung sei jedoch eine mechanische Felgenbremse am einfachsten. Einige Rennradprofis würden bewusst mit Felgenbremsen fahren, weil diese bis zu 500 Gramm leichter seien.

Was man bei Rädern und Reifen beachten sollte

Die Größe der Räder wird in Zoll gemessen, die meisten Erwachsenen-Fahrräder haben 28 Zoll. „Außerdem gibt es die Bezeichnung 29er, das sind auch 28-Zoll-Reifen“, sagt Fischer. Die Angabe 29er bedeute, dass die Reifen ein großes Volumen hätten. Je dicker der Reifen, desto besser ist er geschützt vor Durchschlägen, wenn man etwa über einen Bordstein fährt. Zudem gibt es Reifen, die besser vor Durchstichen schützen.

Je nach Art des Fahrrads unterscheidet sich auch der benötigte Luftdruck. Rennräder können bis zu 9 Bar aufgepumpt werden, Stadt- und Trekkingräder sowie Cross- und Gravelbikes zwischen 2 und 4 Bar, Mountainbikes 1,5 bis 2 Bar. Übrigens gibt es auch Reifen ohne Schlauch, das nennt sich tubeless. In diese Reifen wird eine Latexmilch injiziert, die den Reifen dichthält. „Wenn man oft einen Platten hat, kann das sinnvoll sein.“ Allerdings trockne diese Latexmilch nach einiger Zeit aus, dann müsse man nachfüllen. „Daher kann ein massiver Reifen sinnvoller sein.“ Bei Nägeln oder wenn man mit voller Wucht gegen etwas knalle, helfe alles nichts, „unplattbar ist kein Reifen“.

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