Willi Walz, der Vorsitzende des OGV Steinenbronn, im Steinenbronner Mustergarten Foto: Caroline Holowiecki

Während Obst- und Gartenbauvereine vielerorts Mitglieder verlieren, verzeichnet der Zusammenschluss in Steinenbronn Zulauf. Ein Grund dafür: der Mustergarten. Aber was ist das überhaupt

Steinenbronn - Trotz Sonne ist es ein bitterkalter Morgen. Das Thermometer klettert nur langsam über den Gefrierpunkt. Willi Walz scheint das nicht zu stören. Seine leichte Jacke hat er aufgemacht, drunter trägt er nur ein Hemd. Bewegung hält warm, und auf dem Gelände des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Steinenbronn hat er immer was zu schaffen. Willi Walz führt den Verein als Vorsitzender an. Ein Job, für den immer seltener Ehrenamtliche zu finden sind. Landauf, landab überaltern die Vereine. Mit der Nachwuchssuche tun sich die OGV-Vorstände allerorten schwer. So schwer, dass sich etwa der Heumadener Verein vor etwas mehr als einem Jahr aufgelöst hat.

In Steinenbronn indes hat man die Trendwende geschafft. „Vor fünf Jahren hatten wir noch 70 Mitglieder, jetzt sind es 172“, sagt Willi Walz. Einen großen Anteil an der Beliebtheit des Vereins hat demnach der Mustergarten. Das 20 Ar große Grundstück am Wanderweg in Richtung Sulzbachstausee bewirtschaftet der Verein seit 1997, „da haben wir die Bäume gepflanzt“, sagt der 66-Jährige, und seither ist das abschüssige Gelände immer mehr aufgeblüht. Im wahren Wortsinn. Hier ist fast alles zu finden, was auf eine gut ausgestattete Grünanlage gehört.

Alles hier ist zum Gucken und Inspirierenlassen da

Direkt am Eingangstörchen ist ein großes Insektenhotel, das vor allem am Sonntag Familien anzieht. „Da stehen unheimlich viele Leute mit Kindern. Da geht es ab in dem Ding, wenn die Sonne draufscheint“, erklärt der Vorsitzende. Gleich daneben, an der aus großen Steinen kunstvoll angeordneten Kräuterschnecke, beginnt ein kleiner Bachlauf, der in einem Teich endet. Am Fußweg zum Freizeithaus stehen Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumchen Spalier, „jeder ist eine andere Sorte“, sagt Willi Walz, und hinter der stattlichen Hütte mit der großen Sonnenterrasse wachsen Kirsch- und Mirabellenbäume, Beerensträucher, Stauden und Blumen.

Das Besondere am Mustergarten: Alles hier ist zum Gucken und Inspirierenlassen da. Und vor allem zum Ausprobieren. Die Kräuterschnecke, das kleine Gewässer und das winzige Zierhäuschen am Ufer – allesamt Ideen von Mitgliedern. Die Bienenstöcke hat ein versiertes Vereinsmitglied aufgestellt, einem anderen schwebt ein Hochbeet vor. Für neue Vorhaben sind Willi Walz und die anderen Vorstandsmitglieder offen. Das kommt an.

Eine Mitgliedschaft im OGV sei demnach vor allem für die interessant, „die daheim keine Möglichkeit haben, ihre Kreativität auszuschöpfen“. Im Mustergarten finden regelmäßig Schnittkurse statt. Zu einem „Frauen für Frauen“-Workshop seien vergangenes Jahr 42 Pflanzenfreundinnen gekommen. Und wenn nicht gerade gestutzt und geharkt wird, treffen sich die Mitglieder sonntags zum Frühschoppen. „Der Garten beschert uns Zulauf. Die Lage ist hervorragend“, resümiert Willi Walz.

Wie geht es nach der Corona-Krise weiter?

Die Arbeit geht dem OGV nicht aus. „Ein Garten ist wie eine Eisenbahnanlage. Er wird nie fertig“, sagt Willi Walz und lacht. Zwar ruht wegen der Corona-Krise aktuell der Betrieb, doch sobald die überstanden ist, wollen die Mitglieder ihr aktuelles Bauprojekt weiterführen. Eine Fläche wurde eingeebnet und soll mit vereinten Kräften überdacht werden. „Das ist das Tolle am Vereinsleben, wenn die Leute zusammenhalten“, sagt Willi Walz. Und danach? Der Vereinschef lässt es offen. Irgendwas werde den Mitgliedern schon einfallen, und einen gewissen Fundus an Baumaterialien hat er Verein auch. Walz glaubt: „Im Sommer kommt noch viel.“