Diese Taube ist gerettet worden. Foto: Funke

Bezirksvorsteherin Sabine Mezger plädiert für Taubenschläge am Killesberg und in der Nähe der Martinskirche. Damit wäre Tier und Mensch geholfen, sagt sie.

Stuttgart - Tauben in der Stadt: Viele Menschen halten sie für eine Plage. Andere bedauern sie, weil sie alles andere als ein schönes Vogelleben führen. Und manche retten sie sogar vor dem sicheren Tod – wie Julia Bischoff. Die 36-Jährige leitet seit vergangenem Herbst das Stadttaubenprojekt Stuttgart. Projektziel ist es, den Taubenbestand in Stuttgart tierschutzgerecht zu regulieren. Und zwar dadurch, dass in den mittlerweile zehn Taubenschlägen im Stadtgebiet die Taubeneier durch Attrappen ersetzt werden.

In der kurzen Zeit beim Taubenprojekt hat Bischoff bei sich zu Hause bereits 20 Stadttauben wieder aufgepäppelt. Ihre derzeitige Patientin: Marta, ein ganz junge Taube. „Eine Anruferin hat mich informiert, dass bei der Oper eine Taube mit vermutlich gebrochenem Flügel sitzt“, sagt Bischoff und kam gerade noch rechtzeitig: Marta hockte nämlich direkt hinter dem Reifen eines Lieferfahrzeugs und der Fahrer wollte los fahren. Mit einem Netz hat sie das verletzte Tier gefangen. Das war vor zwei Tagen. „Sie sieht zwar gerupft aus, lebt aber und pickt schon wieder Körner“, freut sich Bischoff.

Außer aus der Stadtmitte gehen bei der Taubenschützerin häufig wegen kranker oder verletzter Tauben auch Alarme aus dem Stuttgarter Norden ein. Schwerpunkte dort sind der Killesberg, die Heilbronner Straße und das Milaneo an der Grenze zu S-Nord. Laut Bischoff erkranken die Tiere, weil sie sich in der Stadt nicht artgerecht ernähren können. Die Tauben verlieren ihre Widerstandskraft, und fangen sich Infektionskrankheiten ein. Oder die Eltern finden nicht genug Futter, um ihre Jungen zu ernähren, deshalb verlassen die zu früh das Nest und sind dann hilflos. Seltner werden Tauben durch Tritte verletzt. Bischoff: „Eine gesunde Taube flattert schnell genug weg.“ Wie geht es jetzt aber mit der Taube Marta weiter?

„Der Flügel scheint nicht gebrochen. Wie meine anderen Patienten auch bekommt sie Medikamente gegen Infektionskrankheiten“, sagt Bischoff und schätzt, dass Marta noch ein paar Wochen bei ihr bleiben muss, bis sie in einem der zehn Taubenschläge in der Stadt ein neues Zuhause findet. Bevor sie dorthin kommt, wird sie allerdings noch geimpft, damit sie weder sich noch andere Tauben ansteckt. „Wir können zwar nicht alle Tauben in den Schlägen impfen lassen. Aber bei denen, die wir in Pflege haben, machen meine Kollegen und ich das“, versichert Bischoff.

Tauben werden geimpft, bevor sie in den Schlag dürfen

In den zehn Taubenschlägen haben die Tierfreunde in den vergangenen elf Jahren rund 30 000 Eier ausgetauscht und dadurch verhindert, dass die Zahl der Tauben in Stuttgart noch weiter gestiegen ist. Dringend nötig ist laut Bischoff ein Taubenschlag am Milaneo. Bei Sabine Mezger, Bezirksvorsteherin in S-Nord, stoßen solche Forderungen auf offene Ohren. Das Milaneo gehört zwar nicht zu Nord. Doch plädiert Mezger für weitere Taubenschläge zum Beispiel an der Roten Wand auf dem Killesberg und bei der Martinskirche. Damit wäre Tier und Mensch geholfen. Mezger: „Die Tauben müssten nicht verzweifelt nach Futter suchen. Ihre Vermehrung könnte durch das Austauschen der Eier verhindert werden. Und man würde den Schmutz in den Griff bekommen.“