In Bad Cannstatt gibt es viele Tauben – das gefällt nicht jedem. Foto: Claudia Leihenseder

Im Herbst soll am Seilerwasen ein neues Zuhause für die Vögel errichtet werden.

Bad Cannstatt - Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer, die Taubenbeauftrage des Tierschutzvereins, ist erleichtert: Endlich ist es eine bessere Lösung für die Tauben in Bad Cannstatt in Sicht. Am Seilerwasen, in der Nähe des Krankenhauses vom Roten Kreuz, soll ein hölzerner Taubenturm entstehen. Der Bauantrag läuft derzeit. Gebaut wird voraussichtlich im Herbst 2017.

„Das wird ein großer Turm, sogar der erste große Taubenturm in ganz Stuttgart“, sagt Silvie Brucklacher-Gunzenhäußer und freut sich. Größer als der im Stadtgarten an der Universität in der Innenstadt und viel praktischer. Zwei Stockwerke wird er haben und von innen begehbar sein. „Das ist gut gegen Vandalismus“, sagt die Taubenbeauftragte. Und gut gegen Störenfriede, wie die Stadt und die Tierschützer aus leidvoller Erfahrung wissen.

Geburtenkontrolle und mehr Sauberkeit

Denn der bisherige Standort des einzigen Bad Cannstatter Taubenhauses auf dem obersten Deck des Parkhauses Mühlgrün ist so gut zugänglich und gleichzeitig von der Straße aus schlecht einsehbar, dass er geradezu Vandalen und Zerstörungswütige anzieht. Wenn man es genau betrachtet, ist das Taubenhaus an der Stelle bei niemandem beliebt. Nicht bei den Autofahrern, die dort parken. Nicht bei den Nachbarn, die sich über verkotete Fassaden beschweren. Nicht bei den Tierschützern, die sich mehr Ruhe für die Tiere wünschen. Und nicht zuletzt bei den Tauben, die sich dort nicht so richtig wohlfühlen wollen.

Das soll nun am Seilerwasen anders werden. „Wir wollen die Tauben von der Straße bekommen und ihnen gleichzeitig ein sicheres Zuhause geben“, sagt Stefan Kinkelin vom Amt für öffentliche Ordnung. Das ist das erklärte Ziel der Stadt. Doch wozu das Ganze? Es geht um sauberere Straßen, gesündere Tier – und um Nachwuchskontrolle. Denn wenn sich die Tauben im Turm wohlfühlen, dann nisten sie dort und legen dort ihre Eier. Mitarbeiter des Tierschutzvereins kommen regelmäßig, reinigen die Anlage, füttern die Tiere artgerecht – und tauschen die echten Eier gegen Gipseier aus.

Platz für 200 Vögel

Dass solch ein System funktioniert, zeigt unter anderem das Beispiel Marienplatz im Stuttgarter Süden. „Dort ist die Situation viel besser geworden seitdem wir dort einen Taubenschlag installiert haben“, sagt Kinkelin. Früher sei der Platz voll gewesen von Tauben, die sich von den weggeworfenen und heruntergefallenen Speiseresten der Passanten ernährten. Inzwischen gebe es viel weniger Beschwerden über die Tiere und ihre Hinterlassenschaften.

Am Seilerwasen soll im neuen Turm Platz für rund 200 Tauben entstehen. Die Tiere, die bisher am Mühlgrün wohnen, sollen durch einen Trick umgesiedelt werden. Die eigentlich standorttreuen Tauben werden dann durch einen Pfiff kurz vor der Fütterung konditioniert. Sind sie an diesen Schlüsselreiz gewohnt, werden sie dem Pfiff auch an den Seilerwasen folgen. „Das hat auch schon in anderen Städten funktioniert“, sagt Kinkelin. Ansonsten gebe es ausreichend Tauben in der Bad Cannstatter Innenstadt. Die sollen sich ebenfalls im neuen Turm zu Hause fühlen.

Tauben füttern ist verboten

Zusammenarbeit: Seit neun Jahren kümmern sich die Stadt Stuttgart und der Tierschutzverein gemeinsam um die Tauben – und ihre unliebsamen Hinterlassenschaften. Inzwischen gibt es neun Taubenschläge oder -häuser im gesamten Stadtgebiet. Der Verein bekommt jährlich 40 000 Euro von der Verwaltung für die Betreuung der Tauben. Vier angestellte Tierpfleger und 16 Ehrenamtliche versorgen die Tauben in den Schlägen. Bis 2016 sind insgesamt 14 000 Eier ausgetauscht worden.

Verbot: In Stuttgart ist es nicht nur verboten, Tauben zu füttern, sondern auch Enten, Schwäne, Wildgänse und andere Wasservögel. Beim ersten Vergehen gibt es ein Bußgeld von 35 Euro, das im Wiederholungsfall auf bis zu 5000 Euro erhöht werden kann.

Info: Weitere Infos zu den Tauben in Stuttgart gibt es auch unter www.stadttauben-stuttgart.de.