Grüne Inseln zeigen die Algenblüte in einem Teich im Höhenpark. Haben die beiden Jungs Teichmolchen das Leben gerettet? Foto: imago images/Cedric Rehman

Eine Frau berichtet in einer Nachbarschaftsgruppe im Internet von einer Rettungsaktion für Molche, die sich in den Teichen auf dem Killesberg in Algen verhakt haben. Auswirkungen des Wetters machen den Amphibien zu schaffen.

S-Mitte - Eineinhalb Stunden lang sollen zwei Buben Algen aus den Teichen im Höhenpark am Killesberg gefischt haben, um Molche zu befreien, die sich in den pflanzenartigen Wasserlebewesen verheddert hatten, berichtet eine Frau unserer Zeitung. Für einige der Tiere sei jede Hilfe zu spät gekommen, meint sie. Sie hat ihre Erlebnisse bei der Molchrettung im Höhenpark Killesberg in einer Chatgruppe für Nachbarn geschildert. Sie suchte dort Rat, wen sie bei der Stadtverwaltung oder bei Tier- und Umweltschützern auf das Molchdrama im Stuttgarter Norden ansprechen könnte.

Frau wendet sich an Umweltamt

Sie selbst will anonym bleiben, berichtet aber, dass sie sich gemeinsam mit ihrem Sohn an der Suche der beiden unbekannten Helfer nach verzweifelten Molchen angeschlossen hat. Inzwischen habe sie sich an das städtische Amt für Umweltschutz gewandt. „Es wurde mir erklärt, dass die Teiche gesäubert werden sollen“, sagt die Frau. Laut Angaben der Stadt würden die Teiche auf dem Killesberg mindestens alle zwei Wochen gereinigt und auch öfter, wenn das Algenaufkommen hoch ist. Normalerweise seien die Molche zu dieser Jahreszeit gar nicht mehr in den Teichen, erklärt die Stadt. „Wegen des kalten Frühjahrs hat sich die Entwicklung der Molche zeitlich verzögert und fällt jetzt mit einem starken Algenwachstum zusammen“, erklärt ein Sprecher der Stadt. Gerhard Pfeifer, der Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), erstaunen die Schilderungen vom Killesberg nicht. Er müsse nur einen Blick in seinen Gartenteich werfen, um eine extreme Saison für den Algenwuchs zu erkennen, meint der Umweltschützer.

Wetter lässt Algen gedeihen

Die Algen profitierten von der Witterung, erklärt Pfeifer. Ein kühles und feuchtes Frühjahr sei nun einem heißen Frühsommer gewichen. „Ich vermute, dass hat das Algenwachstum verstärkt“, sagt Pfeifer. Doch die Algen gediehen auch unabhängig von günstigem Wetter immer besser in den Gewässern, warnt der Umweltschützer.

Stickstoff aus Düngemitteln verbreite sich nicht nur im Abwasser landwirtschaftlicher Betriebe, sondern auch in der Luft, erläutert der Naturschützer. Niederschläge könnten etwa in den Teichen auf dem Killesberg zu höheren Stickstoffkonzentrationen führen. Algen lieben wiederum Stickstoff. Sie benötigen ihn neben Phosphor zum Wachstum.

Algen verbrauchen Sauerstoff

Dabei entsteht auch Sauerstoff. In der Nacht verbrauchen Algen ihn aber auch. Nimmt das Algenwachstum in einem Gewässer überhand, verliert das System seine Balance und es kann zu Sauerstoffmangel in einem Gewässer führen. Das sei eine Gefahr für Fische, die unter der Wasseroberfläche über ihre Kiemen sich mit dem lebensnotwendigen Molekülen versorgen. Molche hingegen zählen zu den Amphibien. „Sie können an Land atmen“, erklärt der Umweltschützer.

Doch wie von den Molchrettern beobachtet, können die Algen selbst für die Tiere zur tödlichen Falle werden. Sie verhaken sich leicht in dem bei einer Algenplage massenhaft auftretenden Unterwassergrün und verenden dabei.

Ufer sollten renaturiert werden

Laut Pfeifer könne eine Renaturierung der Ufer es Algen in Teichanlagen weniger komfortabel machen. Ein weiteres Problem sei aber die geringe Tiefe vieler Teiche. Auch sie begünstige Algenwachstum. Alle Teichbewohner, ob Fische oder Amphibien bei einer Algenplage umzusiedeln, sei je nach Teichgröße eine Frage der Praktikabilität, meint Pfeifer.

Nur ein reduzierter Einsatz von Düngemitteln in der Landwirtschaft und dadurch reduzierte Stickstoffemissionen helfen aus seiner Sicht langfristig gegen die steigende Belastung von Gewässern durch Algen. Kurzfristig könnte ein weiteres Aufbäumen der Schafskälte den Molchen helfen. „Wenn noch einmal die Temperaturen sinken, ist es auch erst einmal mit dem starken Algenwachstum vorbei“, sagt Gerhard Pfeifer.