Ort des Geschehens: Aus dem Zentrum für Psychiatrie entwischten vier Straftäter. Sie wurden inzwischen wieder gestellt. Foto: dpa

Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) will, dass Psychiatrie-Ausbrecher in Justizvollzugsanstalten untergebracht werden. Der Bund der Strafvollzugsbediensteten hält diese Forderung für völlig daneben.

Stuttgart - Der Bund der Strafvollzugsbediensteten (BSBD) in Baden-Württemberg hat die Forderung von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne), Therapieabbrecher in Justizvollzugsanstalten (JVA) unterzubringen, kritisiert. „Wer glaubt, wir seien auch nur ansatzweise in der Lage, die Probleme von Minister Lucha im Justizvollzug zu lösen, der irrt leider gewaltig“, kritisierte der BSBD-Landeschef Alexander Schmid. Klar sei es einfacher, Probleme wegzudelegieren als sie zu hinterfragen und vor Ort zu lösen. Aber er frage sich wirklich, ob so Politik und Verantwortung funktionieren, und ob Lucha denn wisse, wie es in den Gefängnissen des Landes zugehe?

Laut der Gewerkschaft fehlen im Südwesten 1000 Haftplätze und mehr als 500 Stellen im Justizvollzug. Zudem gebe es eine massive Zunahme an Gefangenen, die Probleme machten und die wegen Angriffen auf Bedienstete oder Suizidabsicht in besonders gesicherten Hafträumen untergebracht werden müssen. Seit 2016 hätten Häftlinge mit psychischen Störungen um fast ein Drittel zugenommen. Zudem bringe der Ausländeranteil von fast 50 Prozent Sprachbarrieren und damit Probleme mit sich.

Streit in der grün-schwarzen Regierung

Nachdem am Donnerstag insgesamt fünf suchtkranke Straftäter aus den Psychiatrien in Calw und Weinsberg geflohen waren, hatte Sozialminister Lucha (Grüne) erklärt, bei den Betroffenen handele es sich um Therapieabbrecher: „Nach der Abbruchentscheidung gehören diese Personen aus meiner Sicht nicht mehr in den Maßregelvollzug, sondern in den Strafvollzug.“

Lucha forderte eine entsprechende Änderung im Strafrecht – und entfachte einen Streit in der Landesregierung. Justizminister Guido Wolf (CDU) entgegnete, die Aussagen des Sozialministers seien „der durchsichtige Versuch, sich aus der eigenen Verantwortung zu stehlen“. In einem Rechtsstaat könnten Personen, die nach der Entscheidung unabhängiger Gerichte in den Maßregelvollzug aufzunehmen seien, nicht einfach in ein Gefängnis gesperrt werden.

Die Ausbrecher – vier in Calw und einer in Heilbronn – sind inzwischen gefasst.