Markus Hepp als Schotty in der der Theaterfassung der TV-Serie „Der Tatortreiniger“, die auf dem Stuttgarter Theaterschiff zu sehen ist Foto: Theaterschiff

Fans der TV-Serienkomödie „Der Tatortreiniger“ können im Stuttgarter Theaterschiff einen ganz anderen Schotty erleben. Mit Markus Hepp in der Titelrolle wurden drei Episoden der Erfolgsserie zu einem Theaterstück verarbeitet.

Stuttgart - Kaum einer, der den Tatortreiniger nicht kennt. Über sieben Staffeln hin spazierte Heiko „Schotty“ Schotte, ein hoch spezialisierter Prolet mit weißem Overall, Bärtchen, Halskette und einem Koffer voller Chemikalien, hinein in fremde Wohnungen, um dort zu beseitigen, was von Morden, Suiziden und häuslichen Unfällen übrig geblieben war. Und immer begegnete er an diesen Tatorten den seltsamsten Zeitgenossen, erlebte Dramen, Zufälle, Abgründe und andere zugespitzte Geschichten aus dem deutschen Alltag: ein Soziologe umständehalber, mit ganz besonderer Bodenhaftung.

Markus Hepp versucht nicht, Bjarne Mädel zu sein

Im Fernsehen spielte Bjarne Mädel die Figur des Schotty und holte zwischen 2011 und 2018 zahlreiche Preise ab. Das Stuttgarter Theaterschiff hat nun drei Folgen der ersten beiden Staffeln der Serie auf seiner Bühne inszeniert. Markus Hepp versucht glücklicherweise nicht, Bjarne Mädel zu sein, sondern gibt seiner Figur eigene Kontur, gemütvoll, bequem und doch gelegentlich fast dabei, unprofessionell gewissen Versuchungen zu erliegen.

Nici Neiss verkörpert diese Versuchungen zweimal: in der ersten Tatortreiniger-Episode spielt sie eine Prostituierte, die arglos antritt, um einen braven Kunden zu befriedigen, der dies allerdings nicht mehr nötig hat, klebt sein Blut doch längst an den Kacheln seines Badezimmers. Schotty, schon dabei, dort wieder Sauberkeit einkehren zu lassen, will der Frau im Lederkorsett Sekt einflößen zur Belebung ihrer schwindenden Sinne, trinkt ihn dann rasch gemeinsam mit ihr, bleibt sauber letztlich nur durch Ungeschicklichkeit. Als der Tatortreiniger mit der Rotlichtdame im Arm in der Unterwäsche des Verstorbenen am Tatort steht, rauscht Sarah Kreiß als breit schwäbelnde Polizeibeamtin zur Tür herein, um nach einem vergessenen Ohr des Opfers zu suchen.

Brahms, Gründgens und das Sofa

Kreiß spielt in der zweiten Episode eine skrupellos-naive Möchtegernprominente, die den grausigen Tod ihres Ex-Freundes für ihre Karriere ausschlachten möchte, Heulkrämpfe simuliert, Schotty um seine Beihilfe anbettelt und nachhaltig verstört ist, als die Fernsehreporterin (wiederum Nici Neiss) Schottys morbide Berufsgeschichten interessanter findet, als ihre neue CD. In der letzten Episode des Theaterschiffs schließlich verwandelt sich Nici Neiss in eine Greisin aus dem Großbürgertum mit sehr brauner Vergangenheit. Sie verteidigt ihr Sofa rabiat, geht dabei über Leichen: „Brahms saß schon darauf“, sagt sie vom Sofa, mit starr blitzendem Blick. „Und Gustaf Gründgens!“

Draußen steht ein Maserati, soll zum Schweigegeld für den aufmerksamen Tatortreiniger werden – Schotty, als Autonarr ganz außer sich, sieht sich am Ende seiner Lauterkeit, entkommt auch dieser Versuchung nur durch einen Zufall: ein guter Mensch, ganz aus Versehen. Karsten Engelhardt führte zunächst Regie bei „Der Tatortreiniger“, gab diese dann kurzfristig an Cordula Polster, die Intendantin des Theaterschiffes ab. Die Originalfolgen der Fernsehserie sind freilich nach wie vor greifbar, mit erstklassigen Schauspielern besetzt – der Abend auf dem Neckar indes besitzt eigenen Unterhaltungswert: wie Markus Hepp sich die Rolle des Schotty aneignet, Sarah Kreiß treffsicher das Dummchen gibt, vor allem, wie sich Nici Neiss von einer müden Dienstleisterin in einen bösen, vermögenden Drachen verwandelt, ist mitunter sehr komisch.

Nächste Aufführungen: 8. und 12. bis 15. Dezember