Der VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo (rechts) erstellt für die Stuttgarter den Match- und Reiseplan. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der VfB Stuttgart bestreitet an diesem Freitag ein Vorbereitungsspiel bei Olympique Marseille – warum dies für den Fußball-Bundesligisten nicht nur eine sportliche Herausforderung ist.

Stuttgart - Es wird nicht mehr als ein Zwölf-Stunden-Trip in den Süden. Gegen 11 Uhr hebt die Mannschaft des VfB Stuttgart an diesem Freitag am Flughafen in Leinfelden-Echterdingen ab – und gegen 22.30 Uhr wird die Chartermaschine aus Marseille zurückerwartet. Dazwischen wird es einen Aufenthalt im Tageshotel geben samt Mittagessen und Teambesprechung. Um 17 Uhr (Sport 1) erfolgt der Anpfiff zum Testspiel gegen Olympique Marseille, und danach geht es auf direktem Weg zurück nach Stuttgart.

So lässt sich der Ablauf für die Fußballprofis des VfB skizzieren. Auf den ersten Blick ein enormer Aufwand für eine Begegnung während der Vorbereitungsphase. Doch auf den zweiten Blick bietet die Partie beim Champions-League-Teilnehmer nicht nur einen sportlichen Reiz, sondern bewegt sich durchaus im Rahmen, den Proficlubs für Freundschaftsspiele mittlerweile auf sich nehmen.

Emissionsverbrauch im Blick

Zum Vergleich: Eine Woche später tritt der VfB beim FSV Mainz 05 an, Fahrzeit zum Spielort mit dem Bus sind drei Stunden. Die reine Flugzeit an die französische Mittelmeerküste dauert nicht einmal so lange wie ein Fußballspiel. Den Aspekt des Emissionsverbrauchs behält der VfB im Blick. Nicht zwingend bei einzelnen Reisen, aber insgesamt soll der CO2-Ausstoß der Profis während der Auswärtsflüge und -fahrten zunächst kompensiert und letztlich reduziert werden.

Unabhängig von der Ökobilanz hat sich das Suchen und Präsentieren von passenden und attraktiven Gegnern zur Vorbereitungszeit zu einem Markt entwickelt. Auch mit Freundschaftsspielen wird Geld verdient, zumal wenn sie im Fernsehen übertragen werden. Agenturen haben sich auf dieses Segment spezialisiert. Sie werden von den Clubs eingeschaltet, da sie die Vermittlung und Organisation übernehmen. So hatte der VfB selbst bereits Atlético Madrid und Manchester City zur Saisoneröffnung vor vollen Rängen in der Mercedes-Benz-Arena zu Gast.

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In diesem Fall fragte eine spanische Agentur im Auftrag von Olympique Marseille beim VfB nach, ob er für ein Testspiel zur Verfügung stünde. Denn die Stuttgarter erfüllen offenbar das Gegnerprofil, das sich der Trainer André Villas-Boas für seine Mannschaft eine Woche vor dem Ligastart vorgestellt hat. Dann geht es für den Tabellenzweiten der Ligue 1 (die Saison wurde wegen der Corona-Pandemie vorzeitig abgebrochen) im Stade Vélodrome gegen den AS St. Etienne.

Die Bundesliga wird simuliert

Auf der anderen Seite stellt sich die Geschichte für den VfB finanziell nicht als Zuschussgeschäft dar. Vermutlich bleiben sogar ein paar Euro hängen, und sportlich hat der Trainer Pellegrino Matarazzo die Möglichkeit, sein Aufsteigerteam gegen eine Spitzenmannschaft zu erleben. „Wir versuchen in unseren Testspielen ein Stück weit die Bundesliga zu simulieren“, sagt Matarazzo, „wir werden jetzt nicht mehr so viel Ballbesitz haben und müssen auch lernen, wie zäh es sein kann, dem Ball und dem Gegner hinterherzulaufen. Dennoch sollten wir unsere Chancen nutzen, wenn wir den Ball erobern.“

Schnell soll es dann nach vorne gehen, wie es schon beim 6:1 gegen den Zweitligisten SV Sandhausen zu sehen war. Da hatte Matarazzo die Stuttgarter nach dem Trainingsauftakt vor allem offensive Abläufe üben lassen. Nun wird der VfB sicher in der Defensive stärker gefordert sein – ein willkommener Stresstest im Süden.