Nach dem brutalen Mord an einem Lehrer in der Nähe von Paris zeigen Franzosen ihre Solidarität. Auf dem Schild steht, dass die Meinungsfreiheit verteidigt werden muss. Foto: AFP/BERTRAND GUAY

Die Bluttat wird als islamistischer Terroranschlag eingestuft. Die Polizei nimmt noch in der Nacht weitere Verdächtige fest.

Paris - Frankreich ist geschockt von dem brutalen Mord an einem Lehrer. Politiker und Ermittler stufen die Tat inzwischen als islamistischen Terror ein. Der Vorfall hatte sich im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine am Freitagnachmittag ereignet - der Täter wurde von der Polizei getötet.

Die Tragweite der Tat zeigt sich daran, dass Präsident Emmanuel Macron noch in der Nacht an den Tatort eilte, um sich ein Bild der Lage zu machen. „Unser Mitbürger wurde feige angegriffen, er war das Opfer eines bösartigen islamistischen Terroranschlags,“ sagte der Staatschef sichtlich bewegt. „Sie werden damit nicht durchkommen“, ergänzte er mit Blick auf Gewalt und die Terroranschläge in Frankreich.

Auf offener Straße enthauptet

Nach bisherigen Erkenntnissen wurde der Geschichtslehrer auf offener Straße angegriffen und enthauptet. Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen. Das Opfer soll Mitte 40 gewesen sein und vor kurzem Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt haben, als das Thema Meinungsfreiheit behandelt wurde. Aus Polizeikreisen verlautete, der Lehrer habe deshalb über mehrere Tage lang Drohungen erhalten. Ein Elternteil habe Beschwerde gegen den Mann eingereicht. Der Vater eines Schülers sagte dem Sender „France Inter“, dass der Lehrer in der besagten Unterrichtsstunde die muslimischen Schüler gefragt habe, ob sie den Raum verlassen wollten, bevor er die Bilder zeigte. Der Lehrer sei nicht „herablassend oder respektlos“ gewesen, erklärte der Mann.

Der Täter wird von der Polizei getötet

Der erschossene Verdächtige war der Polizei zufolge ein 18-jähriger Tschetschene. Er soll nach der Tat im Internet mit dem Tod des Lehrers geprahlt haben. Noch in der Nacht seien neun Verdächtige festgenommen worden, darunter die Großeltern, Eltern und ein 17-jährigen Bruder des mutmaßlichen Attentäters, teilte die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft mit. Der Hauptverdächtige sei rund 600 Meter vom Ort der Enthauptung von der Polizei erschossen worden, verlautete aus Ermittlerkreisen. Er sei mit einem Messer bewaffnet gewesen. Er habe daneben eine Soft Gun mit Plastikkugeln bei sich gehabt und sich geweigert, die Waffen niederzulegen.

Präsident Macron betonte in seiner kurzen Ansprache am Anschlagsort, dass die Bildung ein hohes Gut sei. Es sei kein Zufall, dass ein Terrorist ausgerechnet einen Lehrer ermordet habe, weil er das Land in seinen Werten habe angreifen wollen. Der Lehrer sei ermordet worden, weil er für Meinungsfreiheit eingestanden habe.

Kampf gegen den radikalen Islamismus

Im Kampf gegen radikalen Islamismus hatte der Staatschef zuletzt vor allem auf die Bildung als zentrales Element gesetzt. Der Fernunterricht von Kindern, die zu Hause bleiben, solle vom kommenden Sommer an strikt eingegrenzt werden, kündigte Macron Anfang Oktober an. Ausnahmen solle es nur noch aus Gesundheitsgründen geben. Unterricht sei vom Alter von drei Jahren an verpflichtend.

Es ist der zweite Terroranschlag mit einem Messer innerhalb weniger Wochen in Frankreich. Vor dem einstigen Sitz der französischen Satirezeitung „Charlie Hebdo“-Redaktion in Paris hatte ein Angreifer Ende September zwei Mitarbeiter einer Medien-Produktionsfirma mit einem Hackmesser attackiert und schwer verletzt. Kurz nach der Tat wurde ein Pakistaner in der Nähe des Tatorts festgenommen. Er habe aus Wut über die Veröffentlichung umstrittener Mohammed-Karikaturen durch die französische Satirezeitung „Charlie Hebdo“ gehandelt, gestand der junge Mann wenig später der Polizei.

Im Januar 2015 hatten zwei Islamisten bei einem Anschlag auf die Satirezeitung zwölf Menschen kaltblütig ermordet, darunter einige der bekanntesten Karikaturisten Frankreichs. Derzeit läuft in Paris der Prozess gegen mutmaßliche Helfer. Aus diesem Anlass hatte „Charlie Hebdo“ die umstrittenen Mohammed-Karikaturen erneut veröffentlicht, die die Zeitung damals zur Zielscheibe der Islamisten gemacht hatten.