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Nach dem jüngsten Lehrermord in Frankreich handelt die Regierung gegen radikale Salafisten – und nicht zuletzt ihren Einfluss auf die Schulen. Sollen nun alle Lehrer Mohammed-Karikaturen zeigen?

Paris - Innenminister Gérald Darmanin gab sich am Montag sicher: Der geheimdienstlich nicht erfasste Einzeltäter, der am Freitag in der Gemeinde Conflans-Sainte-Honorine einen Geschichtslehrer erstochen und enthauptet hatte, weil dieser im Unterricht Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte, ließ sich im Vorfeld kaum aufspüren oder gar dingfest machen. Umso entschlossener werde die Regierung gegen jene vorgehen, die den 18-jährigen Tschetschenen direkt oder indirekt zur Tat angestachelt haben könnten, meinte der Polizeivorsteher.

Islamisten des Landes verweisen

Er kündigte an, dass 231 nicht französische Islamisten des Landes verwiesen würden. Gegen 80 Personen, die dem Attentäter in den sozialen Medien mehr oder weniger offen zur Tat gratuliert hatten, fahndet die Polizei wegen Verherrlichung des Terrorismus. Darmanin will ferner 51 islamistische Vereine wie etwa das Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) auflösen. Darunter fallen beispielsweise das Hilfswerk Barakacity der ägyptischen Muslimbrüder. Dieser sammelte Geld für jenen Vater, der gegen den ermordeten Geschichtslehrer seiner Tochter mobilisiert hatte und derzeit in Haft sitzt. Präsident Emmanuel Macron stellte in Aussicht, dass sein kürzlich vorgestelltes Anti-Islamismus-Gesetz – das zum Beispiel „konfessionelle“ Menüs in den Schulkantinen verbietet – verschärft werde.

Mit dieser Reaktion aus dem Stand sucht die Staatsführung auch den Volkszorn und politischen Druck abzubauen. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen verlangte am Montag ein Ausnahmerecht mit neuen Polizeikompetenzen. Alle islamistischen Gefährder – 22 000, von denen 8000 aktiv sein sollen – will sie des Landes verweisen.

Mohammed-Karikaturen sind ein rotes Tuch

Solche illusorischen, weil von der Verfassung nicht gedeckten Vorschläge finden in Frankreich weniger Echo als die Forderungen der konservativen Partei Les Républicains. Ihr Fraktionschef Damien Abad verlangte am Montag die Schließung radikaler Moscheen und die Ausweisung islamistischer Imame. Zudem wünscht er Sanktionen gegen Eltern, deren Kinder ihre Lehrer bedrohen. Die Lehrerverbände sind hingegen wehren sich dagegen. Die Mohammed-Karikaturen seien für wenige Extremisten ein rotes Tuch, „für die Lehrer aber normalerweise kein größeres Problem“, meinte der Generalsekretär der Bildungsgewerkschaft FSU, Benoît Teste. „Diese Zeichnungen sollen nicht schockieren; sie sind ein pädagogisches Mittel, das mit Augenmaß einzusetzen ist – nicht aus Prinzip, nicht die ganze Zeit.“

Die Vertreterin des Verbandes Sgen, Catherine Nave-Bekhti, lehnt auch die Forderung von Rechtsparteien ab, alle Lehrer müssten nach dem Ende der laufenden Herbstferien über die Mohammed-Karikaturen diskutieren. Der Verband schlägt vielmehr vor, dass die Lehrerschaft diese Zeichnungen am 2. November geschlossen vorzeigen sollten, wenn die Schule wiederbeginne. Bildungsminister Jean-Michel Blanquer will es allerdings bei einer Schweigeminute für den ermordeten Lehrer Samuel Paty belassen. Auch das kann sich jedoch als schwierig erweisen. Schon solche feierlichen Momente waren bei früheren Gelegenheiten von Schülern aus Einwanderervierteln gestört worden.