Maria Furtwängler ermittelt als Kommissarin Lindholm in einem Entführungsfall. Foto: NDR

Eine Bankiersfrau wird entführt. Als sie nach der Zahlung des Lösegeldes nicht auftaucht, schaltet ihr Mann die Polizei ein. Kommissarin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) macht im „Fall Holdt“ nicht nur einen Fehler.

Hannover - Jedes Kind weiß es: Im Dunkeln, im Keller und im Wald lauert die Gefahr. Der neue „Tatort“ aus Niedersachsen macht sich das zunutze und schürt kräftig Urängste. Denn die Familie Holdt wohnt im tiefsten Wald, hinter jedem Baum könnte sich das Böse verschanzt haben, in den Büschen wartet der Schrecken. Als die Bankiersgattin ins Auto steigt und durchs regnerische Laub fährt, bricht die Gewalt denn auch so plötzlich und grausam über sie herein, dass man ahnt: Diese maskierten Männer treibt die rohe Gier. Sie werden vor nichts zurückschrecken.

„Der Fall Holdt“ ist von mehreren authentischen Entführungsfällen inspiriert, vor allem aber von der Entführung der Bankiersfrau Maria Bögerl aus Heidenheim an der Brenz. Wie seinerzeit Bögerls Ehemann, soll auch die Familie Holdt 300 000 Euro auftreiben. „Wie viel Geld haben wir aktuell in der Filiale?“, fragt der verzweifelte Ehemann seine Mitarbeiterin. Er weiß: „Wenn wir die Polizei einschalten, ist das ihr Todesurteil.“ Wenige Minuten später fährt prompt die Polizei vor.

Im Fall Bögerl gerieten die Ermittler massiv in die Kritik. Im Fall Holdt ist es die Kommissarin Charlotte Lindholm, die sich einen Fehler nach dem anderen leistet. Maria Furtwängler, die immer wieder kritisiert wurde, als Kommissarin allzu glatt und kühl zu sein, will diesmal offensichtlich beweisen, dass sie auch anders kann. Ihr wird als Charlotte Lindholm sehr übel mitgespielt. So provoziert sie zu Beginn eine Schlägerei und wird dabei von gleich mehreren Männern übelst malträtiert.

Ständig rechnet man mit dem Schlimmsten

Schmerzgekrümmt, einsam und ausgelaugt schleppt Lindholm sich durch die Ermittlungen, sie verrennt sich in krude Verdächtigungen, sie macht „Anfängerfehler“ – und ist zugleich wie traumatisiert, schreckhaft und panisch, als sei sie das eigentliche Opfer dieses Krimis. „Jemand hat die richtig vermöbelt“, tuscheln die Kollegen – und Furtwängler alias Lindholm spielt diese Schmerzenskommissarin mit Leidenschaft aus.

Die Entführung reißt in der Familie Holdt tiefe Gräben auf. Aljoscha Stadelmann als Ehemann ist eine so verzweifelte wie fragwürdige Gestalt, er wird vom Schwiegervater gegängelt und gedemütigt. Die Regisseurin Anne Zohra Berrached spielt die Gruselkarte voll aus, die Kamera ist stets klaustrophobisch nah am Geschehen dran. Ständig rechnet man mit dem Schlimmsten – und dann kommt es letztlich immer noch schlimmer.