Die Warnstreiks der Klinikärzte, wie hier in Stuttgart, haben sich für den Marburger Bund gelohnt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Zeit statt Geld, lautet die neue Devise in der Tarifpolitik. Auch die Klinikärzte haben in ihrer Tarifrunde deutliche Verbesserungen bei der Dienstplangestaltung durchgesetzt – und damit neue Maßstäbe gesetzt, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - In der Tarifpolitik vollzieht sich ein Paradigmenwechsel: Demnach ist nicht mehr die Höhe des Gehaltszuwachses entscheidend für die Arbeitnehmer, sondern der Gewinn an Lebensqualität. Die kommunalen Arbeitgeber und der Marburger Bund haben dieser Logik „Zeit statt Geld“ ein markantes Beispiel hinzugefügt. Damit wird den Klinikärzten das Arbeiten massiv erleichtert. Sie müssen zwar immer noch zu ungewöhnlichen Zeiten einsatzbereit sein, doch lässt sich der Dienst verlässlicher mit dem Privatleben vereinbaren. Zudem verheißt weniger Stress im Job eine längere Schaffenskraft. Die Lohnerhöhung bemisst sich derweil relativ bescheiden aus, wenn man sie etwa mit dem Abschluss für die Länderbeschäftigten vergleicht.

Wichtige Regeln zur Arbeitszeiterfassung

Wegweisend sind auch die Regeln zur Dokumentation von Arbeitszeit. Damit handelt es sich – wenngleich eher zufällig – um die erste handfeste Antwort der Tarifpolitik auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Arbeitszeiterfassung aus der Vorwoche. Die CDU zeigt sich bisher nicht geneigt, diese Entscheidung umzusetzen. Doch vielerorts werden Tarif- und Betriebsparteien eben nicht diese Kraft haben, den Wildwuchs bei der Arbeitszeit eigenständig zu begrenzen. So wird es ohne neue Vorgaben seitens der Regierung wohl nicht gehen.

matthias.schiermeyer@stzn.de