Nicht immer kommen Ballettschulen ihrer Verantwortung für die Eleven nach – zurück bleiben junge Menschen, die krank und gebrochen sind. Foto: imago images / Panthermedia

Ein Untersuchungsbericht übt heftige Kritik an der Wiener Staatsoper als Träger der Schule: Schülerinnen seien durch ein Verspotten ihrer Körper in Brech- und Magersucht getrieben worden.

Stuttgart - An der Ballettakademie der Wiener Staatsoper ist nach Darstellung einer Sonderkommission der Kinderschutz grob missachtet worden. So sei die gesundheitliche Betreuung der Schüler mangelhaft. Zudem gebe es weder klare Verantwortlichkeiten noch seien Prüfungskriterien transparent, befand die im Frühjahr von der Regierung eingesetzte Kommission in ihrem Abschlussbericht. Kulturminister Alexander Schallenberg sprach von „erschütternden Zuständen“.

Anlass der Überprüfung waren Vorwürfe, in denen von Demütigungen, Gewalt und Drill die Rede war. Schülerinnen seien durch ein Verspotten ihrer Körper in die Bulimie (Ess- und Brechsucht) oder Anorexie (Magersucht) getrieben worden. Es sei Kindern geraten worden, mit dem Rauchen anzufangen, um die Figur zu halten, fand die Kommission heraus. Kinder seien mit Vornamen und Konfektionsgröße angesprochen worden. Dieses Verhalten sei von einzelnen Lehrern über einen längeren Zeitraum gezeigt worden.

Totalversagen der Chefetage

Harte Kritik äußerte die Kommission an der Leitung von Staatsoper und Ballettakademie. „Die Qualitätskontrolle durch die übergeordneten Organisationseinheiten ist so gut wie inexistent“, heißt es. Zudem würden wichtige Vorgänge nicht dokumentiert. Es fehlten schriftliche Kriterien für Prüfungen oder für das Aufnahmeprozedere neuer Lehrer. Entscheidungsprozesse seien nicht nachvollziehbar. Es sei „eine Situation verschwimmender Verantwortlichkeiten“ entstanden.

Ein Sprecher von Staatsopern-Direktor Dominique Meyer erklärte, dass eine „fundierte inhaltliche Stellungnahme zwar so bald wie möglich, allerdings erst nach der gebotenen sorgfältigen Durchsicht des Berichts erfolgen wird“. Meyer hatte sich bei Bekanntwerden der Vorwürfe sehr betroffen gezeigt und betonte, inzwischen seien Maßnahmen zur Verbesserung der Situation eingeleitet worden. Diese Schritte würdigte die Kommission zwar im Grundsatz, doch erweckten die Maßnahmen den Eindruck, „dass die Motivation der Änderungen nicht primär dem Wohle der Kinder und Jugendlichen gilt“, sondern um im Blick der Öffentlichkeit möglichst aktiv zu wirken.

An der Ballettakademie, Sprungbrett für eine Karriere auf der großen Bühne, lernen zurzeit rund 130 Schüler im Alter von zehn bis 18 Jahren. Vier von fünf Eleven kommen aus dem Ausland.