In der neuen Tagespflege sollen gleichzeitig neun Kinder beziehungsweise 15 Kinder im Platz-Sharing zwischen 7 und 15 Uhr betreut werden. Foto: dpa/Jens Büttner

Die Stadt Filderstadt will in die Kindertagespflege einsteigen und dafür eine große Wohnung in Bonlanden verwenden. Die SPD spricht von Zweckentfremdung.

Filderstadt - Die Stadt Filderstadt will in Sachen Kinderbetreuung neue Wege gehen. In einer leer stehenden Wohnung in Bonlanden möchte sie in die sogenannte „Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen“ einsteigen. In Zusammenarbeit mit dem Tageselternverein Esslingen wird angestrebt, in einer neuen Krippe gleichzeitig neun Kinder beziehungsweise 15 Kinder im Platz-Sharing zwischen 7 und 15 Uhr zu betreuen, mindestens aber 35 Betreuungsstunden pro Woche. Dafür soll eine große Vier-Zimmer-Wohnung im Haus Metzinger Straße 31 hergerichtet werden.

Kritik aus dem Gemeinderat

Die Verwaltung geht von Renovierungskosten in Höhe von rund 38 500 Euro aus. Der Kauf der Erstausstattung soll 27 000 Euro kosten, ein Kinderwagenabstellplatz, die Beschaffung der Spielgeräte und die Neugestaltung der Außenanlagen noch mal 25 000 Euro. Geld, das aus Sicht der Verwaltung gut investiert ist. „Bisher haben wir noch keine Großtagespflege und würden so unser Portfolio erweitern“, sagte der Filderstädter Verwaltungsbürgermeister Jens Theobaldt. Der Bedarf sei da.

Den Bedarf sieht auch Walter Bauer (SPD). Dennoch äußerte er im Namen seiner Fraktion deutliche Kritik. Für die Tagespflege werde bezahlbarer Wohnraum geopfert. Tatsächlich gibt die Verwaltung den künftigen Mietausfall mit 10 200 Euro pro Jahr an. Sprich: Für die mehr als 120 Quadratmeter große Wohnung wurden bislang 850 Euro pro Monat gezahlt. „Die Kritik der SPD-Fraktion trifft die Vorgehensweise der Verwaltung, die den dringend benötigten bezahlbaren Wohnungsbau gegen den ebenfalls benötigten Bedarf bei der Kleinkinderbetreuung ausspielt“, sagte Walter Bauer. Für ihn grenzte die Umwidmung in eine Krippe an Zweckentfremdung. Er prophezeite eine Belastung für die künftige Wohnungspolitik der Stadt. „Wer mit schlechtem Beispiel vorangeht, kann andere kaum mehr davon überzeugen, Wohnraum nicht seines eigentlichen Zweckes zu berauben“, sagte er. Hinzu kommt: Die SPD hält die anvisierte Wohnung durch steile Treppen, die Nähe zur Straße, fehlende Parkplätze oder das angedachte Entfluchtungskonzept für ungeeignet. „Was uns schmerzt, ist, dass die Stadt bei der Zweckentfremdung vorausmarschiert“, resümierte Walter Bauer.

Not in puncto Kinderbetreuung ist groß

Ein kommunales Zweckentfremdungsverbot gibt es in Filderstadt nicht – im Gegensatz zu Stuttgart beispielsweise. In der Landeshauptstadt wurde 2016 eine entsprechend Satzung eingeführt, um Wohnungen wieder dem angespannten Mietmarkt zuzuführen. Eine Neuregelung zur Zweckentfremdung von Wohnraum auf Landesebene räumt Kommunen seit Februar dieses Jahres zusätzliche Möglichkeiten ein, etwa um Wohnungen, die zu touristischen Zwecken vermietet werden, leichter zu identifizieren. Auch wurde der Bußgeldrahmen deutlich erhöht. Walter Bauer betonte: Die SPD-Fraktion habe bereits mehrfach erfolglos Anträge eingebracht, ein Zweckentfremdungsverbot auch in Filderstadt zu installieren.

Walter Bauers Argumente ließen manch anderen Gemeinderat nicht unbeeindruckt. Ute Weinmann (Grüne) sagte zur angedachten Umnutzung der Wohnung: „Das sollte nicht Schule machen.“ Sie regte an, die Räumlichkeiten an der Metzinger Straße als Übergangslösung zu sehen. Letztlich wurde der Vorlage der Verwaltung aber mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Tenor: Die Not der Stadt in puncto Kinderbetreuung ist zu groß. „Bei uns brennt’s tatsächlich“, sagte Ute Weinmann. Dennis Birnstock (FDP) hob den „einklagbaren Anspruch“ hervor. Ulrich Steck (CDU) fügte hinzu: „Wir müssen und können jetzt handeln.“