Die Supermärkte geben zwar noch Obst und Gemüse ab, aber keine Trockenwaren mehr wie etwa Nudeln, Reis und Mehl. Foto: picture alliance//Sebastian Gollnow

Die Zahl der Bedürftigen steigt, die der abgegebenen Lebensmittel sinkt. Eine Aktion der katholischen Kirchengemeinde Leinfelden-Echterdingen hat das Augenmerk auf die Tafeln gerichtet und ist gerade zur rechten Zeit gekommen.

Die Schlangen vor den Tafelläden werden immer länger, diesen Trend gibt es deutschlandweit. Elisabeth Ganssloser vom Kreisdiakonieverband Esslingen spricht von einer Verdoppelung: Vor Corona habe sie zum Beispiel in Filderstadt-Bernhausen etwa 80 Kundinnen und Kunden pro Öffnungstag gehabt, jetzt seien es mehr als 150. Der Laden an der Hauptstraße in Echterdingen sei insgesamt kleiner, aber auch dort steige die Zahl derjenigen, die dort einkaufen, kontinuierlich. Es seien nicht nur Geflüchtete aus der Ukraine, die in die Tafelläden kommen, sagt Elisabeth Ganssloser. Es seien auch viele Menschen, die aufgrund der gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie an den Rand der Armut gedrängt werden, vor allem Rentner.

Beweis für diese Entwicklung sind auch die Tafelkundenkarten, die Elisabeth Ganssloser Woche für Woche neu ausstellt – für Menschen, die nur sehr wenig Geld haben. Nur wer eine solche Karte hat, kann dort auch einkaufen. „Mancherorts gibt es bereits einen Aufnahmestopp“, sagt Elisabeth Ganssloser. So weit ist es in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen noch nicht. Und Elisabeth Ganssloser will auch vermeiden, dass es soweit kommt. „Ich möchte nicht entscheiden müssen, wer bei uns einkaufen darf und wer nicht. Für mich sind alle, die kommen, bedürftig.“ So sieht das auch Marlene Schiebel von der katholischen Kirchengemeinde in Leinfelden-Echterdingen. Zusammen mit einem Team hat sie darum Ende des vergangenen Jahres den „Adventskalender Reverse“, also einen umgekehrten Adventskalender, kreiert.

Die Idee: Statt selbst beschenkt zu werden, andere beschenken. In den kleinen Schachteln war jeden Tag ein Zettel mit einem Spruch zum Advent oder einem Bibelzitat. Auf der Rückseite war ein Hinweis, was man für die Tafel besorgen solle, zum Beispiel eine Packung Kekse, Nudeln, Reis, Kaffee und Dosenwurst. Zum Ende der Adventszeit sollten die Waren in der Kirche abgegeben werden.

Ein umgekehrter Adventskalender

Etwa 50 Warenkörbe sind zurückgekommen. „Oft haben sich Familien oder Arbeitskollegen einen Kalender geteilt. Viele haben auch mehr Waren gegeben. In jedem Fall hat es uns sehr gefreut, dass so viel zusammengekommen ist“, sagt Marlene Schiebel. Die katholische Kirchengemeinde unterstütze die Tafeln schon seit Jahren. Ein Ehepaar habe im Februar 2019 erstmals einen Tafelkorb in der Kirche in Echterdingen aufgestellt, und kümmere sich seither darum, die Gaben in die Tafelläden zu bringen. Auch den Sammelkorb in Leinfelden gebe es schon lange. „Doch während der Adventszeit wollten wir nochmals mit einer besonderen Aktion auf die Notwendigkeit hinweisen, die Tafeln zu unterstützen“, sagt Marlene Schiebel. Vor Kurzem hat sie die Waren vor Ort abgegeben.

Auch Kleider- und Spielzeugspenden sind wichtig

„Wir sind froh, dass wir die Kirchengemeinde haben“, betont Elisabeth Ganssloser. Der Weihnachtskalender Reverse sei eine geradezu perfekte Aktion gewesen. „So etwas brauchen wir. Es hat mich richtig berührt“, sagt die Leiterin der beiden Tafelläden. Denn diese seien auf Spenden angewiesen – vor allem auf Lebensmittelspenden. Von den Supermärkten komme nur noch sehr wenig, sogenannte Trockenwaren wie Nudeln, Reis oder Mehl werden gar nicht mehr zur Verfügung gestellt. „Im Wesentlichen sind es nur noch Obst und Gemüse“, sagt Elisabeth Ganssloser. Das sei ein Problem, denn die Tafelläden dürfen nur verkaufen, was sie bekommen und keine Waren zusätzlich einkaufen. Doch auch wer Geld, Kleider oder Spielzeug spende, tue Gutes. Denn nur so könnten zum Beispiel die Miete und die Fahrzeuge finanziert werden.