Chia-Samen (dunkel), Quinoa Pops und Plätzchen mit Matcha-Teepulver: Während sich noch bis vor Kurzem fett- oder auch zuckerreduzierte Produkte in den Regalen des deutschen Lebensmittelhandels türmten, macht sich mit dem Superfood ein neuer Trend breit. Foto: dpa

Superfood kann den Speiseplan bereichern – mehr aber auch nicht, sagt Wissenswert-Redakteurin Melanie Maier. Sie rät eher zu regional und nachhaltig produzierten Lebensmittel. Diese kann man zum Beispiel auf der Slow-Food-Messe in Stuttgart versuchen.

Stuttgart - An diesem Donnerstag beginnt die Slow-Food-Messe in Stuttgart. Brotwaren, Milchprodukte und Fleischerzeugnisse werden dort ausgestellt, dazu Feinkostprodukte wie Öle, Kräuter und Süßwaren. Alles regional und nachhaltig produziert – wie genau, können die Messebesucher vor Ort von den Herstellern erfahren. Nachhaltigkeit liegt im Trend. Nicht nur, aber vor allem in Bezug auf Lebensmittel.

Wichtiger als eine umweltschonende Produktion ihrer Nahrungsmittel ist den Deutschen jedoch die eigene Gesundheit: 89 Prozent wünschen sich nach dem Ernährungsreport 2017 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, dass ihr Essen gesund ist. Zwar kümmert sich nur eine Minderheit aktiv darum, dass der Wunsch Wirklichkeit wird. Gerade mal 39 Prozent der Befragten stellen sich täglich an den Herd. Doch der Hype um angeblich besonders gesunde Lebensmittel wie Quinoa, Gojibeeren oder Chiasamen ist damit schnell erklärt.

Der Gesamtumsatz des sogenannten Superfoods hat sich im vergangenen Jahr von 25 Millionen auf 46 Millionen Euro nahezu verdoppelt, schätzen Experten. Allein der Verkauf von Chiasamen ist von 2015 auf 2016 um 150 Prozent gestiegen (von 756 auf 1925 Tonnen). Warum? Den Superlebensmitteln wird nachgesagt, dass sie vor Krankheiten schützen und die Konsumenten nebenbei auch noch schlank machen. Tatsächlich haben die Früchte und Beeren einen hohen Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen – allerdings nicht mehr als manch ein heimisches Lebensmittel: Heidelbeeren enthalten wie Gojibeeren viele Antioxidantien, Leinsamen sind wie Chiasamen reich an Omega-3-Fettsäuren.

Im Vergleich zu heimischen Gemüse- und Fruchtsorten sind die Waren teuer

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen bewertet Superfood denn auch kritisch: Dieses könne den Speiseplan durchaus bereichern und neue Geschmackserlebnisse vermitteln. Im Vergleich zu heimischen Gemüse- und Fruchtsorten seien die Waren allerdings sehr teuer – und das, obwohl ihre gesundheitsfördernden Eigenschaften wissenschaftlich nicht belegt seien. Denn der Begriff „Superfood“ ist nicht geschützt: Jeder Hersteller, der möchte, kann sein Produkt als solches bezeichnen. Dabei bergen die Früchte und Beeren – wie alle exotischen Lebensmittel – das Risiko, Allergien auszulösen. Auch Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich.

Dazu kommt: Superfood ist oft stark mit Schadstoffen belastet. In einem Test des Verbrauchermagazins „Öko-Test“ (Ausgabe April 2016) fielen mehr als zwei Drittel der Testprodukte durch. Sie waren mit Mineralöl, Blei, Cadmium oder Pestiziden verunreinigt. Zwei der Produkte mussten aus dem Verkauf genommen werden. Für die deutschen Vermarkter sind Gojibeeren, Quinoa und Açaibeeren reine Geldmache. Für die Kleinbauern sowie die Bewohner der Länder, welche die Pflanzen anbauen, ist der Hype dagegen ein weniger gutes Geschäft: Innerhalb weniger Jahre ist der Marktpreis von Quinoa um 86 Prozent gestiegen – immer weniger Einheimische können sich von dem Getreide ernähren, das einst als Grundnahrungsmittel in Bolivien galt.

Die Deutschen zahlen derweil horrende Preise für Lebensmittel, die auf langen Transportwegen einen Großteil ihrer Vitamine verlieren. Vielleicht sollten sie ihr Geld besser in regional und nachhaltig produzierte Waren investieren – zum Beispiel in Honig aus Stuttgart oder in Sauerkraut von den Fildern. Denn nicht nur auf der Slow-Food-Messe gibt es in der Region echte Superlebensmittel.