Jürgen Sundermann ist in Stuttgart eine Legende. Am 25. Januar wird der Fußballlehrer 70 Jahre alt - wir blicken zurück.
Wahrscheinlich muss ein Mann immer ein wenig Kind bleiben, um sich diese Fähigkeit zu bewahren. Diese Freude am Einfachsten. So wird aus dem Lebensbericht des langjährigen VfB-Trainers eine Liebeserklärung an den Fußball. Und an die Menschen, die dieses "faszinierende Spiel" mit ihm spielten. Also würzt er seine Erzählungen ständig mit den Worten "unfassbar", "unglaublich", "wunderschön".
Fußball ist für die meisten eine der ernsthaftesten Nebensachen der Welt. Aber so hat das Sundermann nie gesehen. Er hat sich auch nie ums Ganze geschert. Den Makrokosmos des Profisports. Ihm ging es immer nur um den Einzelnen. "Um den Menschen."
Das war seine große Stärke als Trainer. Aber gleichzeitig eine Schwäche. Sonst hätte er heute bei den Roten nicht nur den Beinamen Wundermann, sondern dürfte sich Meistertrainer nennen. "Ich hab da einen Fehler gemacht", gibt er zu, "ich hab all die anderen Dinge außer Acht gelassen." Taktik. Spielbeobachtung. Gegneranalyse. Trainingslehre. "Das hat mich alles nicht interessiert. Manchmal wusste ich nicht, wer beim Gegner spielt. Wenn ich damals einen guten zweiten Mann gehabt hätte, dann ..."
Ja, dann wäre dies eine andere Geschichte. So ist es die eines großen Motivators. Eines Trainers, der als einer der ersten die Kraft des Mentalen genutzt hat: "Ich habe früh gemerkt, dass das Leistungsvermögen von der Art des Denkens abhängt." In seinem Ruhrpott-Duktus sagt er: "Wat bringt es, wenn ein Spieler topfit ist, aber scheiße spielt, weil er nervös ist? Deshalb war es mein Ziel, die Spieler zu begeistern."
Mit diesem Prinzip arbeitet Jürgen Sundermann übrigens bis heute. Wenn er in Freiberg zum Jugendtraining seines Fußball-Ausbildungs-Centrums (FAC) geht, hat er keinen Plan in der Tasche. Es erschreckt ihn eher, wenn Jugend-Trainer mit "Blättern voller Pfeile" anrücken. "Sund" geht den umgekehrten Weg. Er fragt die Jugendlichen: Was wollt ihr heute üben? "Nur so fördert man Eigeninitiative und Kreativität", sagt er, "denn Roboter haben wir schon genug. Der Fußball lebt von Fantasie und Ideen." Das ist und bleibt sein Credo. Seine etwas verträumte Sicht der Dinge. Auch wenn sie selten ergebnisorientiert war. Aber das ist ihm bis heute egal.
Auch mit 70 Jahren hat er sich seine kindliche Begeisterung bewahrt.
Welche Anekdoten Jürgen Sundermann aus seiner Zeit im Osten zu erzählen hat, lesen Sie in unserer Printausgabe.