Der Landkreis will das Hochwasserrückhaltebecken Sulzbachstausee touristisch aufwerten. Eine mögliche Hängebrücke wird allerdings von vielen kritisiert. Foto: Claudia Barner

Wie viel Tourismus verträgt der Sulzbachsee? Über diese Frage wird heftig diskutiert, seitdem die Überlegungen des Kreises zum Bau einer Hängebrücke bekannt worden sind.

Waldenbuch/Steinenbronn/Schönaich - Kommt sie oder kommt sie nicht? Seit Wochen sorgt die Idee einer Hängebrücke über dem Sulzbachstausee in den Nachbargemeinden Waldenbuch, Steinenbronn und Schönaich für Wirbel. Der Böblinger Landrat Roland Bernhard hatte sie bei einem Besuch von Tourismusminister Guido Wolf ins Gespräch gebracht. In der Folge meldeten sich so viele Kritiker zu Wort, dass sich die Behörde zu einer Pressemitteilung genötigt sah, die Dampf aus dem Kessel nehmen sollte (wir berichteten). Doch die Naturschützer in den Kommunen bleiben skeptisch. Sie berichten, dass es konkrete Überlegungen gibt, die auch schon bei Vorort-Terminen erörtert worden sind.

Ist es mit der Ruhe am Idyll bald vorbei?

Nelly Stark-Wolf hat zum Thema Stausee alles gesammelt, was in den vergangenen Wochen publiziert worden ist. Auch die E-Mails ihrer Mitglieder sowie empörter Bürger hat die Sprecherin der Nabu-Ortsgruppe Steinenbronn/Waldenbuch dokumentiert. „Das ist bereits ein ganzer Ordner voll“, berichtet die Naturschützerin. Die Sorge, dass es am idyllisch im Wald gelegenen See künftig mit der Ruhe für Mensch und Tier vorbei sein könnte, sei groß.

Zu ihrer Sammlung gehört auch die Presseerklärung, die der Landrat Anfang Dezember verschickt hat. „Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es keinerlei konkrete Umsetzungsplanung“, heißt es dort. Man wolle die Anregungen der Bürger in den Prozess mit einfließen lassen. Über allem stehe das Ziel, den Sulzbachsee im Einklang mit der Natur zu einem Naherholungsziel für die Menschen aufzuwerten. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, bekräftigt die Pressesprecherin Simone Hotz auf Nachfrage.

Der Nabu hat eine klare Meinung dazu

Das sieht Nelly Stark-Wolf ein wenig anders. „Wir konnten uns im Oktober in einen Termin des Landratsamts mit dem Fischereiverein Schönaich-Steinenbronn einklinken. Die Überlegungen waren immerhin so konkret, dass Siegfried Zenger, der Leiter der Abteilung Regionalentwicklung, uns erklärt hat, wo und in welcher Größe die Brückenpfeiler gebaut werden könnten,“ berichtet sie. Die Nabu-Sprecherin hat eine klare Meinung dazu: „Der See ist ein sensibles Gebiet, das vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Heimat bietet. Wenn es gelingt, den Freizeitwert mit dem Ausbau von bestehenden Wegen oder Infotafeln zu erhöhen, haben wir nichts dagegen. Aber jede Art von Bauwerken lehnen wir strikt ab.“

Das wäre wohl auch im Sinne derer, die den Staudamm Anfang der 1980er Jahren errichtet haben, um die Kommunen im Aichtal vor Hochwasser zu schützen. Der ehemalige Förster Günther Schwarz war dabei und erinnert sich: „Ursprünglich waren Erlebnisräume und ein Spielplatz vorgesehen. Alle Beteiligten haben dann aber klar entschieden, dass man die Natur in Ruhe lässt.“

Den Standort kritisch hinterfragen

Heute ist der Forstbezirksleiter Götz Graf Bülow für den Landeswald am Ostufer des Sulzbachbeckens verantwortlich. Auch er war erst kürzlich mit den Experten des Landratsamts im Gespräch und hat sich eine Meinung über den möglichen Standort der Hängebrücke bilden können. „Das Szenario entwickelt sich aus der Topografie heraus. Der Brückenkopf läge demnach in einem sehr sensiblen Bereich. Das müssen wir kritisch hinterfragen“, berichtet er.

Für einen weiteren Tourismus-Hotspot sieht er an dieser Stelle keinen Bedarf. Im näheren Umfeld gebe es genügend attraktive Angebote. „Wir sind grundsätzlich gegen eine Verrummelung des Waldes“, betont Graf Bülow. Das Problem fange schon bei den fehlenden Parkplätzen an. „Ich sehe das Sulzbachbecken in erster Linie als Kleinod für die Bewohner der umliegenden Kommunen. Sie sollten entscheiden. Wenn sie Hurra schreien, werden wir nicht dagegen sein“, sagt der Forstmann.

Thema Hängebrücke ist noch nicht vom Tisch

In Waldenbuch, das bereits von Publikumsmagneten wie den beiden Museen, dem Herzog-Jäger-Pfad oder dem Museums-Radweg profitiert, verfolgt der Bürgermeister Michael Lutz die Überlegungen zur touristischen Aufwertung des Sulzbachsees mit Interesse. Für ihn ist das Thema Brücke noch nicht vom Tisch. „Ich werbe für einen unemotionalen Dialog. Wenn es gelingt, im Einklang mit dem Naturschutz einen Mehrwert für die Bürger der umliegenden Kommunen zu schaffen, könnte das ein attraktiver Pluspunkt werden“, sagt Lutz.

Kommt sie oder kommt sie nicht? Eine schnelle Antwort auf diese Frage wird es wohl nicht geben. „Es gibt keine konkrete Zeitplanung“, erklärt Simone Hotz. Auch auf die Details für einen möglichen Beteiligungsprozess habe man sich noch nicht festgelegt. Im Rahmen erster Überlegungen sei eine Konzeptstudie zum Stausee erstellt worden, die unterschiedliche Möglichkeiten aufzeige. Welche davon weiterverfolgt werde, sei noch völlig unklar. Grundsätzlich aber liest man im Landratsamt aus den eingegangenen Zuschriften eine positive Grundstimmung für die freizeittouristische Aufwertung rund um den See ab. „Die überwiegende Mehrheit unterstützt den Gedanken. Einzig die Überlegung einer Brücke stößt auf Skepsis“, teilt Simone Hotz mit.