Willi Beck ist der neue Betreiber der Sulzbacher Rockdicso Belinda – der Diakon sagt, er wolle niemanden bekehren. Foto: Gottfried Stoppel

Mitglieder der evangelischen Akzente-Gemeinde haben die Sulzbacher Kultdiscothek Belinda gerettet – zumindest vorerst. Sie versprechen, dass die Besucher der Rockabende schwofen können wie immer.

Sulzbach - Wenn Willi Beck hinter dem Tresen der Sulzbacher Kultdisco Belinda steht oder vor dem übergroßen Coverbild der Langspielplatte „In Rock“ der britischen Band Deep Purple sitzt, dann kommt der unbedarfte Besucher eher nicht auf die Idee, einen Diakon und Theologen vor sich zu haben. Doch der Gottesmann Beck, 61 Jahre, hat zusammen mit drei anderen Mitgliedern der evangelischen Akzente-Gemeinde Sulzbach den legendären Rockschuppen direkt an der B 14 gerettet – zumindest vorerst.

Die Schließung der Belinda sei eigentlich schon besiegelt gewesen, erzählt Beck an diesem Nachmittag. Doch dann habe der Besitzer der Immobilie ihm, Beck, und seinem Mitstreitern beziehungsweise der gemeinsam gegründeten Unternehmergesellschaft die Disco verpachtet. Seit ein paar Monaten läuft das weit und bereit vermutlich einmalig Projekt – ob es zum Erfolg wird, das bleibt abzuwarten. Ende des Jahres, erklärt Beck, werde eine Zwischenbilanz gezogen, dann müsse entschieden werden: Trägt sich das Vorhaben langfristig? Oder muss es womöglich beendet werden?

„Jesus würde heute in die Belinda gehen“

Beck verspricht allen Gästen der Disco, dass sie an den Rockabenden – speziell dienstags und samstags – schwofen und trinken könnten wie immer in der Belinda. Ab und zu steigen auch Rockkonzerte. Und dann verspricht Beck, dass er niemanden missionieren wolle, ganz bestimmt nicht.

Die alte Stammbelegschaft der Disco sei übernommen worden. Mitglieder der evangelischen Akzente-Gemeinde arbeiteten ehrenamtlich mit. Wir spielen auch Titel wie „Hells Bells“ von AC/DC, sagt Beck und grinst dabei breit. Jesus, sagt er dann, würde heute trotzdem in die Belinda gehen. Denn Jesus sei immer dort gewesen, wo er Menschen habe treffen können. Kirche, so Beck weiter, müsse zu den Leuten hinaus gehen, denn immer weniger Menschen fänden den Weg in die Gotteshäuser. Und noch mal das Versprechen: „Ich will niemanden bekehren“, sagt Beck. Er wolle sich aber anhören, was die Leute bewegt.

In einem großen Nebenraum, der früher mal das Getränkelager eines Lebensmittelgeschäfts war, wird neuerdings immer sonntags der Gottesdienst gefeiert. Bis dato ist die Akzente-Gemeinde in der Sulzbacher Festhalle zusammengekommen. Nun miete man sich in der Belinda ein und trage auf diese Weise ein klein bisschen dazu bei, die Pachtkosten zu stemmen. Gelegentlich werde der Gottesdienst auch in der Disco selbst, mitten auf der Tanzfläche, gefeiert. Dabei handelt es sich ganz offenkundig um eine eher unkonventionelle Veranstaltung. Beck erklärt dazu: „Wir haben keine Orgel, und wir stehen auch nicht auf zum Gebet. Manche Besucher kommen zu spät, andere gehen früher.“

Am 11. Oktober soll ein Jugendcafé eröffnet werden

An diesem Herbsttag hantiert unterdessen im Obergeschoss des Gebäudes ein junger Mann mit Werkzeug. Er bringt den Raum, in dem auch ein paar Tischkicker stehen, auf Vordermann. Früher war dieser Teil der Belinda der Raucherbereich. Am Mittwoch, 11. Oktober, soll hier ein Jugendcafé eröffnet werden, in dem sich alle jungen Leute aus Sulzbach und Umgebung ungezwungen treffen können. Sie müssten weder christlich sein, noch Mitglied bei der Akzente-Gemeinde. Immer mittwochs werde das Café öffnen, von 16 bis 20 Uhr.

Beck und seine drei Kollegen haben ordentlich investiert. Wie viel Geld sie haben springen lassen für ihr Herzensprojekt, das verraten sie nicht. Neben der Tanzfläche wurde eine Raucher-Bar eingebaut. Wer qualmen will, der muss nun nicht mehr hoch gehen in den ersten Stock. Und die Musikboxen in der Disco seien nagelneu. Der Sound, verspricht Willi Beck, sei jetzt viel besser als früher in der alten Belinda.

Im Jahr 1970 eröffnet

Streit
Die Discothek Belinda ist 1970 von Georg Neumann – damals ein junger Kerl – und seinen Eltern eröffnet worden. Die Besucher strömten in Massen. Wegen finanzieller Schwierigkeiten musste Neumann die Disco aber vor ein paar Jahren verkaufen, er blieb indes zunächst der Betreiber. Dann haben sich der Besitzer und Neumann aber zerstritten.

Akzente
Die Akzente-Gemeinde Sulzbach gehört zur Evangelischen Landeskirche, sie hat rund 200 Mitglieder und wird von dem Diakon und Theologe Willi Beck geleitet.