Michael Föll wiird neuer Amtschef im Kultusministerium. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Weggang von Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) wird im Rathaus deutlich spürbar sein. Und die Stuttgarter Christdemokraten könnten die Verlierer des Abschieds sein, meint Redakteur Josef Schunder.

Stuttgart - Nicht nur CDU-Fraktionschef Kotz erwartet eine „Zäsur“. Auch andere Kommunalpolitiker und Beobachter rechnen mit einem Einschnitt, wenn Finanzbürgermeister Föll ins Kultusministerium ziehen wird. Dass er wenig Lust auf eine dritte Amtszeit von Ende 2019 bis Ende 2027 haben würde, hatte man längst angenommen. Die Überraschung ist trotzdem groß. Das liegt am vorgezogenen Abschied und daran, dass er nicht in die Wirtschaft geht. Föll als Zampano einer Ministerialbürokratie? Unter der machtbewussten und unbequemen Ministerin Eisenmann? Als Oberlehrer von 117 000 Schulmeistern? Man kann sich ja wundern. Aber natürlich hat ein versierter Finanzpolitiker in einem Haus mit Zwölf-Milliarden-Euro-Budget und an einer Schnittstelle zwischen Administration und Politik viele Betätigungsfelder. Und Föll denkt sicher weiter. Vielleicht ist es eine Zwischenstation. Vielleicht kann er im Windschatten der Ministerin ins Staatsministerium oder ins Finanzministerium kommen.

Einschnitt im Rathaus schnell spürbar

Der Einschnitt im Rathaus wird sehr schnell zu spüren sein. Spätestens im April beginnen die Vorbereitungen für den Haushalt 2020/2021. Jürgen Vaas ist gerade erst nach ganz oben an die Spitze der Stadtkämmerei gerückt. Und Alexander Kotz, der ziemlich sicher Föll-Nachfolger werden will und werden wird, hat zwar zwei Etatberatungen als starker Mann im Rat und Gegenpart der Verwaltung geprägt. Aber einige verwaltungsinterne Abläufe kennt er nicht. Als Zugpferd der CDU-Gemeinderatskandidaten würde Kotz auf jeden Fall fehlen. Gleichwertigen Ersatz auf der Liste und als Vorsitzender der jetzigen – und nächsten – Fraktion wird es kaum geben. Daher dürfte die Fraktion ein Verlierer des Föll-Abschieds sein. Zu den Gewinnern könnte neben Kotz der CDU-Kreisvorsitzende Kaufmann zählen. Er liebäugelt mit der OB-Kandidatur, musste bisher aber befürchten, dass Kotz auch danach greifen möchte. Ein Jahr nach dem Dienstantritt als Bürgermeister könnte Kotz das erst einmal vergessen.

Kuhn muss neuen Partner finden

Und Fritz Kuhn? Nun, der Grünen-OB muss einen neuen Partner finden, der die Finanzen zusammenhält, loyal ist und ihm die Finanzierung seiner Vorzeigeprojekte sichert. Da war Föll hilfreich, wenngleich er gern den starken Mann im Rathaus gab. Kuhns ureigensten Mitstreitern mangelt es an vergleichbarer Versiertheit und Tatkraft. Der OB bekommt also womöglich mehr Spielraum, aber auch mehr Arbeit und Verantwortung. Dennoch dürfte seine Neigung sprunghaft gewachsen sein, 2020 erneut zur OB-Wahl anzutreten: weil er jetzt nicht mehr mit einer CDU-Gegenkandidatin Eisenmann rechnen muss. Wer einen versierten Finanzbürgermeister aus dem Rathaus weglotst, will sicherlich nicht als Oberbürgermeisterin dorthin zurück.

josef.schunder@stzn.de