Demnächst im Kultusministerium: Michael Föll Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Den langjährigen Hüter der Finanzen in der Landeshauptstadt zieht es ins Kultusministerium, wo er Amts- und Verwaltungschef wird. Das treibt nicht nur seine Partei, die Stuttgarter CDU, um. Auch bei den Grünen und den Freien Wählern ist das Bedauern groß. Anderswo weniger.

Stuttgart - Der Finanz- und Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll (CDU) verlässt, wie am Mittwochabend zuerst die Stuttgarter Nachrichten berichteten, das Rathaus der Landeshauptstadt. Voraussichtlich von März 2019 an soll er Verwaltungschef im Kultusministerium sein, dort auch politisch denken und Ministerin Susanne Eisenmann im Kabinett vertreten, wenn sie verhindert ist. Der Wechsel, der bereits den Segen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat, löste bei den Gemeinderatsfraktionen am Donnerstag Reaktionen aus – und Forderungen, wie die Konsequenzen sein sollen.

Michael Föll war mitverantwortlich für die erfolgreiche Stadtpolitik in den vergangenen Jahren. Sein Weggang ist ein Verlust für die Stadt Stuttgart“, urteilte der überraschte Andreas Winter, Fraktionschef der Grünen. Nach nicht immer einfachen Anfangsjahren habe sich zwischen den Grünen und dem Ersten Bürgermeister Föll „durch eine an Sachfragen orientierte Politik über Parteigrenzen hinweg zunehmend eine an Lösungen interessierte verantwortungsvolle Zusammenarbeit herausgebildet“. Föll habe seinen Anteil daran, dass die Stadt heute schuldenfrei sei. Das müsse man ihm anrechnen, auch wenn er nach dem Geschmack der Grünen zu sehr geneigt gewesen sei, zu viel Geld auf die Seite zu legen und zu wenig Geld für Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Deswegen habe der Gemeinderat das umfangreiche Sanierungsprogramm für Schulen und Kitas auf den Weg gebracht.

Grüne sehen „die Messlatte für den Nachfolger hoch“ liegen

Winter hob auch hervor, dass der „immer bestens vorbereitete und meist umfassend informierte“ Föll sich offen gezeigt habe für verschiedene grüne Impulse. Besonders hoch rechnen die Grünen Föll an, dass er in selbstverständlicher Art und Weise Haltung gezeigt habe. In der Frage des Wohnungsbaus hätten sich die Grünen seit einiger Zeit auf einer Linie gesehen mit Föll. Doch besonders die Unterbringung der Flüchtlinge habe 2015 und 2016 nur durch das Zutun von Föll und den ihm unterstellten Amt für Liegenschaften und Wohnen so gut vonstatten gehen können. Fazit der umfänglichen Pressemitteilung der Grünen: „Der Weggang von Michael Föll wird eine Lücke hinterlassen. Die Messlatte für seine Nachfolge liegt hoch.“

Viel knapper fiel die Stellungnahme der SPD aus. Man wünsche Michael Föll für seine neue Aufgabe zunächst einmal alles Gute, erklärte Fraktionschef Martin Körner. Bei allem Respekt für seine Arbeit hege man doch auch die Hoffnung, dass mit der Nachfolge Fölls eine neue Wohnungs- und Bodenpolitik möglich werde.

SÖS/Linke-plus erheben Ansprüche

Nach Ansicht der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke-plus bietet sich nun die Chancen, auf der Bürgermeister-Ebene Aufgaben „sinnvoll zu ordnen“: „Die Wohnungsnot ist in Stuttgart so dringlich, dass für dieses Themenfeld ein eigenes Referat in der Stadtverwaltung geschaffen werden muss“, betonte Fraktionschef Hannes Rockenbauch (SÖS). Co-Fraktionschef Thomas Adler (Linke) ergänzte: „Herr Föll hat so wenig wie der OB wirksame Konzepte für Mieterschutz und gegen Spekulation geliefert.“ Die beiden fordern, das Referat Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen samt Klinikum aufzuteilen auf zwei Bürgermeisterstellen: eine für Finanzen und Klinikum, die andere für Wohnen, Liegenschaften und Mieterschutz und die Zuständigkeit für die städtische Wohnungsbaugesellschaft SWSG. Für letztere beanspruchen sie das Vorschlagsrecht. Bei der Besetzung müsse sich der Wählerwille widerspiegeln. In diesem Fall sei die Fraktionsgemeinschaft, zu der die SÖS und die Linke erstmals 2009 zusammengingen, an der Reihe. Die CDU fordert allerdings das Vorschlagsrecht für Fölls bisheriges Referat.

Freie Wähler hoffen auf ähnlich kompetenten Nachfolger

Die Fraktion der Freien Wähler bedauere Fölls Weggang sehr, sagte Fraktionschef Jürgen Zeeb unserer Zeitung. Föll habe ein exzellentes Wissen über Finanzen, die Wirtschaft, auch die Krankenhäuser sowie den Wohnungsbau in der Stadt. Er sei mitverantwortlich für die sehr gute Finanzlage der Stadt. Man bedanke sich bei ihm für konstruktive Zusammenarbeit und hoffe, dass ein vergleichbar kompetenter Nachfolger gefunden werde. „Wir sind gespannt, welche personellen Veränderungen sich daraus im Rathaus ergeben werden“, sagte Zeeb, „was wir Freien Wähler zum reibungslosen Übergang beitragen können, werden wir tun.“

Die CDU bewegt das Thema natürlich auch. „Das wird eine Zäsur, die im Moment noch gar nicht so richtig greifbar ist“, sagte Fraktionschef Alexander Kotz, der nun als wahrscheinlicher Nachfolger von Föll im Amt des Finanzbürgermeisters und in der OB-Stellvertretung gilt. Fölls Erfahrungsschatz und seine Begabung im Finanzressort seien unerhört groß gewesen. Ob Fölls Abschied in Richtung der Kultusministerin Susanne Eisenmann auch ein Signal sei, dass die beiden beim Land noch mehr werden wollen und Eisenmann als OB-Kandidatin der CDU nun definitiv nicht mehr zur Verfügung steht? Dazu sagte Kotz unserer Zeitung: „Ja, jetzt dürfte das Thema OB-Kandidatur von Susanne Eisenmann wohl durch sein.“ Sollte Föll einmal – wie zuvor der frühere Krankenhausbürgermeister Klaus-Peter Murawski (Grüne) – als Amtschef im Staatsministerium oder aber im Finanzministerium auftauchen, würde Kotz sich wohl nicht wundern: „Er könnte beides. Beides wäre ihm auf den Leib geschneidert.“