Die Gründerfamilien sind künftig wieder im vollen Besitz des Stuttgarter Medienhauses. Foto: AP

Das Hamburger Medienhaus verkauft seine Anteile an der Motor-Presse. Weil die Mobilitätsbranche in Schwierigkeiten steckt, braucht auch der Stuttgarter Verlag neue Ideen.

Stuttgart - Kaum ist die Nachricht am Montagmittag in der Welt, findet sich auf der Homepage des Hamburger Medienhauses Gruner und Jahr unter dem Reiter „Auto“ nur noch Leere. Bis vor Kurzem waren hier noch Zeitschriften wie „Auto, Motor und Sport“, „Motorrad“ oder „Sport Auto“ zu finden. Die Titel erscheinen zwar im Verlag Motor-Presse Stuttgart, doch der gehörte zu fast 60 Prozent Gruner und Jahr – bis jetzt.

Anteile verkauft

Nun verlautete aus dem Verlagsgebäude in Stuttgart-Mitte, dass das Hamburger Verlagshaus seine Anteile an Patricia Scholten und Peter-Paul Pietsch verkauft. Die beiden sind unter den bestehenden Eigentümern die Nachfolger der Verlagsgründerfamilie Pietsch und werden nach dem Geschäft 85 Prozent der Anteile halten.

Damit der Verkauf wirksam wird, müssen noch die Kartellbehörden in Österreich zustimmen, wo der Stuttgarter Verlag ebenfalls tätig ist. Sowohl für die Leser als auch für die laut Unternehmen rund 800 Mitarbeiter solle sich durch den Eigentümerwechsel mittelfristig nichts ändern, heißt es beim Verlag.

„Wir wollen auf dem Weg weitergehen wie bisher“, sagt Dirk Johae, Sprecher des Verlages Motor-Presse Stuttgart. Langfristig haben die Titel aber wie bei fast allen Print-Verlagen mit sinkenden Auflagen zu kämpfen. Man habe hier in den vergangenen Jahren schon viel auf den Weg gebracht, um dem digitalen Wandel in der Medienbranche gerecht zu werden, sagt Johae. Das reiche von digitalen Bezahlmodellen bis hin zu neu entwickelten Podcast-Formaten.

Nachfolge offen

In welche Richtung der Verlag sich mit den neuen Eigentümern weiterentwickeln wird, ist noch unsicher. Denn im Zuge des Verkaufes musste der bisherige Verlagschef Nils Oberschelp gehen. Er war erst vor gut zwei Jahren von Gruner und Jahr nach Stuttgart gekommen. „Vieles hängt davon ab, wer der Nachfolger auf dem Posten wird“, sagt Verlagssprecher Johae. Man wolle dem neuen Chef bei der Entwicklung einer Strategie nicht vorgreifen. Wer der Nachfolger von Oberschelp wird, steht noch nicht fest.

Gruner und Jahr war seit 2005 der größte Anteilseigner der Motor-Presse. Zu dem Verlag gehören große Zeitschriften wie „Stern“, „Geo“, „Schöner Wohnen“ oder „Brigitte“. Doch seit einigen Jahren sind die Hamburger dabei, ihr Portfolio Stück für Stück umzubauen und sich in diesem Zuge von Verlagsbeteiligungen zu trennen. Man wolle sich vor allem auf Zeitschriften für den breiten Publikumsmarkt und deren Vermarktung konzentrieren, heißt es in Hamburg.

Das bedeutet: Verlage mit Titeln für spezielle Zielgruppen wie die Motor-Presse, die auch für Wohnmobil-Liebhaber und Pferdesportler etwas im Angebot hat, passen nicht mehr ins Konzept. Die Motor Presse stehe zum Teil vor „deutlich anderen Herausforderungen“, wird Gruner-und-Jahr-Geschäftsführer Oliver Radtke in einer Mitteilung zitiert. Gruner und Jahr gehört seit 2014 seinerseits zu Bertelsmann, einem der größten Medienunternehmen weltweit.

Anzeigenkunden mit Problemen

Das ist auch den Stuttgartern klar. Kämpft der Großteil der Automobilbranche mit dem Wandel zur Elektromobilität und den Nachwirkungen des Dieselskandals, hat das auch Konsequenzen für einen Verlag, der selbst fast ausschließlich auf Mobilitätsthemen setzt. „Wenn die Autobauer und die großen Zulieferer immer mehr Geld in die Entwicklung stecken müssen, merken wir das wie andere Blätter auch an sinkenden Anzeigeneinnahmen“, sagt Motor-Presse-Sprecher Dirk Johae.

Der Verlag habe aber vergangenes Jahr schon dafür gesorgt, effizienter zu werden, und wolle nun auch stärker den Mobilitätswandel mit seinen Produkten begleiten. So würden sich neue Zeitschriften wie „Karl“ für Fahrradliebhaber schon sehr gut entwickeln, sagt Johae. Mit mehr Veranstaltungen wolle die Motor Presse zudem Themen für die Leser erlebbarer machen.

Kooperation möglich

Trotz all den Herausforderungen geht die Motor-Presse also selbstbewusst in die Zukunft. So wird der Weggang eines großen Medienhauses wie Gruner und Jahr nicht als Verlust von wichtigem Know-how gesehen. „Wir haben bei den Angeboten für spezielle Zielgruppen eine große Expertise hier in Stuttgart“, sagt Johae. Und schließlich betonen die beiden Verlage, die nun formal getrennte Wege gehen wollen, dass sie auch in Zukunft eng zusammenarbeiten würden.