Ein Konflikt in der virtuellen Welt greift auf dem Alexanderplatz ins echte Leben über. Foto: dpa

Polizisten lösen eine Massenschlägerei auf dem Alexanderplatz auf. Einer der Anstifter ist ein Stuttgarter. Wie ein Konflikt in der virtuellen Welt ins echte Leben übergreift.

Berlin - Die Schlägerei ist beendet, der Anlass wirr – jetzt beginnt das Aufräumen. Die Prügelei zweier Youtube-Gruppen auf dem Alexanderplatz in Berlin-Mitte am Donnerstagabend wird ein Nachspiel haben, für viele Beteiligte.

„Wir mussten fast 100 Polizisten auf dem Alexanderplatz einsetzen“, hieß es am Freitag aus dem Polizeipräsidium. Zwei Polizisten wurden verletzt. Die Schläger hatten Reizgas eingesetzt und Polizisten besprüht. Zudem hätten die Schläger versucht, Polizisten „in die Menge zu ziehen, was Kollegen vor Ort zum Glück verhindern konnten“. Auch aufseiten der Schläger wird es Verletzte gegeben haben, die Zahl ist aber nicht bekannt. „Es wurde getreten, geprügelt, mit Fäusten geschlagen.“ Die Polizei beschlagnahmte offenbar auch Waffen, etwa Küchenmesser.

Offenbar tobt seit Wochen ein Streit zwischen den beiden Internetgrößen

Was war passiert? Am frühen Abend hatten sich die beiden Gruppen am Alexanderplatz eingefunden . Der Aufruf von einem der beiden Youtuber an seine Anhänger war am Freitagmorgen zumindest noch unter einem Foto in den sozialen Netzwerken nachzulesen. Dort finden sich auch etliche Belege für einen Streit, der seit Wochen zwischen den Internetgrößen tobt.

Die Fehde verlagerte sich nun offenbar auf den Alexanderplatz. Etwa 400 Menschen versammelten sich dort laut Polizei von 17 Uhr an und begannen kurz darauf mit der Auseinandersetzung. Es war keine Rangelei, sondern eine echte Schlägerei. Nicht alle hätten sich beteiligt, aber doch eine große Gruppe – etwa 50 Personen. Die Polizei ging dazwischen.

Die erste Bilanz: Es gab neun Festnahmen. 13 Strafverfahren wurden eingeleitet. Der Vorwurf: schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Angaben zu den Personen waren zunächst nicht zu erhalten, auf Videobildern sind vor allem junge Männer zu sehen.

Als die wilde Schlägerei auf dem Alexanderplatz beendet war, ging es im Untergrund weiter – auf dem Bahnsteig der U-Bahnlinie U 8. Dort prügelten sich 20 Schläger nicht nur, dort kletterten sie auch ins Gleisbett der U-Bahn und warfen mit scharfkantigen Schottersteinen aufeinander. Auch dort musste die Berliner Polizei massiv dazwischengehen. Erst um 21.30 Uhr war der Einsatz beendet.

Bei dem Bekannteren der beiden Influencer handelt es sich um Thats Bekir aus Stuttgart

Die Berliner Polizei wird wohl den Kontakt zu den Youtubern aufnehmen und sogenannte Gefährderansprachen tätigen. Ob den Männern Strafen drohen, war zunächst nicht bekannt. Bei dem Bekannteren der beiden Influencer handelt es sich um einen jungen Mann, der sich Thats Bekir nennt und laut seinem Instagram-Profil in Stuttgart lebt.

Fast 263 000 Menschen folgen dem Stuttgarter, der sich in den sozialen Medien Thats Bekir nennt, auf der Videoplattform Youtube. Dort filmt er sich dabei, wie er schockierende Videos von anderen sogenannten Influencern ansieht oder Kommentare zu seinen eigenen Videos liest und diese wiederum einordnet. Besonders viele Abrufe erhält er für eigenproduzierte Rapsongs, in denen er öffentlich mit rivalisierenden Youtubern abrechnet, so auch mit dem Berliner Youtuber Bahar al Amood.

Sein Kontrahent firmiert in den sozialen Netzwerken unter dem Namen Bahar al Amood. Seine Videos sind in Berlin gedreht, er gehört zu einer arabischstämmigen Großfamilie. Die Polizei bestätigt gegenüber dem „Tagesspiegel“, dass unter den neun Festgenommenen eine Person ist, die den Beamten namentlich in Verbindung mit kriminellen Clan-Machenschaften bekannt ist.

Am Freitagmorgen hat sich auch die Polizeigewerkschaft GdP zu Wort gemeldet. „Wir sehen in der Rapperszene und zunehmend auch bei anderen Influencern, dass sie teilweise sehr fahrlässig mit ihrem Einfluss umgehen und es scheinbar Mode wird, ganz bewusst Pulverfässer aufzumachen, um mehr Follower, Abonnenten und Klicks zu generieren“, sagte Landeschef Norbert Cioma. Und weiter: „Es gibt Sinnvolleres, als seinen Bekanntheitsgrad dafür zu nutzen, jungen Gewaltbereiten eine geeignete Plattform in der Öffentlichkeit zu bieten und mit voller Absicht das Risiko einzugehen, dass die Lage eskaliert.“