Helmut Koprian freut sich auf die Eröffnung des Gerber Foto: Leif Piechowski

Mehr als 80 Shoppingcenter hat Helmut Koprian bereits eröffnet. Seine Konkurrenz kennt er ganz genau: Schließlich war er bei Milaneo-Betreiber ECE viele Jahre lang Geschäftsführer.

Mehr als 80 Shoppingcenter hat Helmut Koprian bereits eröffnet. Seine Konkurrenz kennt er ganz genau: Schließlich war er bei Milaneo-Betreiber ECE viele Jahre lang Geschäftsführer.
 
Stuttgart - Herr Koprian, die Eröffnung des Gerber steht kurz bevor. Sind Sie nervös?
Ich bin eher erwartungsfroh aufgeregt. Das ist wie bei einem Schauspieler, der wie ich schon 65 Jahre alt ist. Der hat schon viele Auftritte erlebt und hat doch immer noch Lampenfieber. Aber mit einer gewissen Gelassenheit natürlich.
Wie wird sich die Handelslandschaft in Stuttgart durch die neuen Center verändern?
Wir haben hier die besondere Situation, dass zwei Häuser entstehen. Die Stadt wird dadurch größer. Die Chancen durch die Shoppingcenter sind in Stuttgart groß. Denn die Landeshauptstadt hat für Einzelhändler kaum Flächen, die in den Top-Fußgängerzonen bezahlbar sind. Deshalb denke ich, dass beide Shoppingcenter klarkommen werden. Die Innenstadt in der besten Lage wird weiter brummen. Dieser Effekt wird sich sogar verstärken. Bei zuvor schon geschwächten Einzelhändlern werden die Besucher aber weniger hingehen. Das könnte zum Beispiel die Warenhäuser treffen.
Warum?
Bei Warenhäusern gibt es meist einen Instandsetzungs- und einen Instandhaltungsstau. Es wurde nichts Neues mehr in die Häuser investiert.
Was fehlt den heutigen Warenhäusern?
Als junger Mann war ich Warenhaus-Geschäftsführer. Damals hatte ich Mitarbeiter, die bedienten noch meine Kunden. Wenn Sie heute in ein Warenhaus kommen und Beratung brauchen, schauen Sie sich lange um, dann finden Sie meist nur eine Sammelkasse, bei der Sie lange anstehen müssen.
Wie schätzen Sie die Erfolgschancen des Gerber im Vergleich zum Milaneo ein?
Ich glaube, dass wir mit dem Gerber schneller anlaufen werden, weil wir die Kundenfrequenz aus der Fußgängerzone haben. Wenn wir durchschnittlich 20 000 Kunden am Tag im Gerber haben, sind wir sehr glücklich. Wir wissen, dass jedes Shoppingcenter zwischen 60 und 70 Prozent zu Fuß frequentiert wird. Unser Objekt ist quasi eine Verlängerung der Königstraße. Das andere Objekt ist hinter dem Bahnhof. Manchmal, wenn ich abends mit dem Zug ankomme, gehe ich in diese Richtung. Dann denke ich mir: Das ist aber ein weiter Weg.
- Beobachten Sie Ihren Konkurrenten Milaneo?
Es ist viel besser, wenn ich mich auf unser Objekt konzentriere. Ich werde das Milaneo natürlich besuchen. Aber das mache ich etwa zwei Monate nach der Eröffnung. Ich suche dann nicht danach, was sie schlecht gemacht haben. Sondern danach, was sie toll gemacht haben. Und das merken wir uns.
Gehört das Milaneo-Zugpferd Primark zu den Dingen, die sie toll gemacht haben?
Primark wird seine Klientel finden und bringt Frequenz. Doch auch für diesen Fall gilt: Wie kommen die Menschen dort hin? Da sind wir bei dem Problem der fehlenden Parkplätze. Gerade Kunden aus der Region, die durch Primark angelockt werden sollen, kommen mit dem Auto.
Wollen Sie in der Haut der Milaneo-Centermanagerin Andrea Poul stecken?
Ich mache mir vielleicht im Geheimen darüber Gedanken, aber in erster Linie mache ich mir über die Haut meines Centermanagers Oliver Grünwald Gedanken.
Geben Sie Ihrem Centermanager einen Rat mit auf den Weg?
Ich rate ihm das Gleiche, was unser Trainer wahrscheinlich der Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft geraten hat: Verzehrt euch, denn wir wollen gewinnen. Ich möchte, dass Herr Grünwald seine Position als Kümmerer ausübt. Er hat eine Rolle, die auch seine Kollegin hinter dem Bahnhof hat. Aber er spielt eine reale Innenstadt-Rolle. Das Rüstzeug hat er, jetzt muss er es nutzen.
Was muss ein Shoppingcenter heutzutage bieten, um erfolgreich zu sein?
Ein Center muss grundsätzlich ein hervorragendes funktionales Konzept haben. Beim Gerber ist dies der Fall. Zusätzlich kommt es auf den richtigen Branchen- und Mietermix an und auf die Servicebereitschaft der Mieter und des Centermanagements.
Was ist neben dem Konzept wichtig?
Drei Dinge sind wichtig, die alle mit „L“ anfangen: Lage, Lage und Lage. Wenn man die Lage nicht perfekt wählt, kann man sie nicht mehr verändern. Das Konzept kann man mit Millionenbeträgen verändern. Da gibt es als Beispiel ein Objekt in Dresden. Dieses Objekt hat eine tolle Lage, aber innen war funktional weitgehend alles falsch. Der Betreiber musste über 30 Millionen Euro ausgeben, um die Mängel zu beheben. Ich habe es mir schon angesehen. Sie werden irgendwann noch einmal umbauen müssen, weil sie wieder Fehler gemacht haben.
Wie sieht Ihr Erfolgsrezept aus?
Ich bin ein Kümmerer. Ich rede mit den Leuten. Ein Kunde wechselt bei einer Durchschnittsaufenthaltsdauer von eineinhalb Stunden immer wieder sein Denkmuster. Wenn er in ein Center kommt, ist er zunächst ein Besucher. Im Laden will er bedient werden. Beim Kassieren wartet er auf ein freundliches Wort. Dann will er aber recht schnell wieder gehen. Ein Fehler wäre es, wenn man die Leute nicht zur Ruhe kommen lässt beim Einkaufen. Die Menschen suchen nach einem Mehrwert, so sind für unsere Besucher zum Beispiel die Toiletten kostenfrei.
Sie beschreiben ein Einkaufserlebnis, das man von gut geführten Boutiquen, aber weniger aus Shoppingcentern kennt. Wie vermitteln Sie Ihre Philosophie den unterschiedlichen Mietern?
Im Gerber gibt es rund 400 Mitarbeiter bei etwa 80 Mietern, die kann man natürlich nicht alle beeinflussen. Aber man kann einen Geist bilden. Bei der letzten Gründungsveranstaltung des Gerber gingen alle Beschlüsse einstimmig durch. Die Stärke liegt auch darin, eine Linie zu behalten. Diese Linie muss man zwischendurch immer einmal anpassen. Sonst sind wir irgendwann Saurier und sterben aus.
Sind Shoppingcenter im Vergleich zum Internethandel nicht schon Saurier ?
Früher gab es den Katalog. Der Umsatz dieser Versender lag aber nie höher als fünf Prozent vom Gesamtumsatz des Einzelhandels. Ähnlich ist es heute mit dem Internethandel. Firmen wie Zalando haben in Deutschland noch keinen Gewinn gemacht. Ich habe Kontakte zu einigen Internethändlern und weiß daher, dass diese planen, in die Innenstädte oder Shoppingcenter zu ziehen, um ihre Marke bekannter zu machen. Fakt ist: Wenn Städte aussterben, sterben wir auch aus. Denn Handel gab es schon immer, auf jedem Marktplatz in der Welt – gestern, heute und auch zukünftig.