Brauchle Foto: Bm

Wer im Fahrsport vorne mitmischen möchte, braucht Talent und ein dickes Bankkonto beziehungsweise einen potenten Sponsor. Oder er macht es wie Michael Brauchle. Beim Europameister im Vierspänner-Fahren ist der Erfolg eine Familienangelegenheit.

Stuttgart - Im Rampenlicht stehen die anderen: die Dressurreiter zum Beispiel mit ihren feinen Übungen oder die Springreiter, die bei der einen oder anderen Turnierserie Millionen verdienen können. Die Fahrer auf ihren Kutschböcken sind dagegen oft nur das Rahmenprogramm. „Dabei ist es ein faszinierender Sport“, sagt Gotthilf Riexinger, der Direktor des Stuttgarter Reitturniers, das in dieser Woche in der Schleyerhalle stattfindet, „es ist sensationell, wie die Fahrer reagieren. Das sieht so einfach aus.“ Doch die Kutsche mit den vier Pferden im Galopp durch den engen Hindernisparcours zu steuern erfordert Konzentration und viel Geschick. Einer der Fahrer, die alles fest im Griff haben, ist Michael Brauchle.

Der 25-Jährige kommt aus Lauchheim-Hülen von der Ostalb, bei der Europameisterschaft in Aachen in diesem Jahr gewann er Gold, obwohl er die Voraussetzungen für den Sport eigentlich überhaupt nicht erfüllt.

Brauchle bringt zwar zweifelsohne Talent mit, er kommt aus einer Fahrer-Familie, doch eines fehlt ihm: ein richtiger Sponsor. „Ich habe nur meinen Vater, der mich unterstützt“, sagt Brauchle junior. Einen Geldgeber zu finden sei nämlich gar nicht so leicht. Weil er aber weder einen potenten Mäzen im Hintergrund hat noch sein Bankkonto den Verdacht erweckt, zu viele Zinsen abzuwerfen, setzt er auf den Faktor Familie. „Ohne die würde es nicht funktionieren“, sagt Michael Brauchle.

„Zum Fahren braucht man mehr Pferde, mehr Equipment und mehr Personen, die sich um die Pferde kümmern, als bei den anderen Disziplinen“, erklärt Mutter Brigitte Brauchle. 25 Pferde stehen gerade auf dem Hof der Familie: die Pferde von Michael Brauchle und die Ponys von seinem Bruder Steffen. Und die müssen versorgt werden, auch wenn die Geschwister bei Turnieren sind. „Da ist es einfach ein super Gefühl zu wissen, dass sich die eigene Familie kümmert und es passt“, erklärt Michael Brauchle. „Die Fahrerei ist eben wirklich sehr aufwendig.“ Und teuer. Deshalb setzt die Familie auf junge Pferde oder auf schwierige Tiere, mit denen andere nicht zurechtkommen. „Mit ihnen arbeiten wir und entwickeln sie weiter“, erzählt Brauchle. Und das funktioniert.

Er ist amtierender deutscher Meister und Europameister, jetzt will er auch im Weltcup in der Halle angreifen. „Die Pferde sind richtig gut drauf, mal schauen, was wir in Stuttgart erreichen können“, sagt Brauchle. Favorit ist er nicht. Das ist bei den Stuttgart German Masters, die für die Gespannfahrer an diesem Freitag (20 Uhr) mit einem Zeit-Hindernisfahren beginnen, Boyd Exell. Der Australier dominiert die Szene. „Vielleicht können wir ihn ja ein bisschen ärgern“, sagt Michael Brauchle.

Die Daumen drücken wird bei seinen Auftritten am Freitag und am Samstag bei der Weltcup-Prüfung (13.50 Uhr) auch Mama Brigitte. Sie saß früher übrigens selbst auf dem Kutschbock, genauso wie ihr Mann Franz. „Unsere Kinder sind dann hineingewachsen“, erzählt Brigitte Brauchle. Sie unterstützt ihren Sohn in dieser Woche bei allem, was außerhalb des Parcours anfällt. Auch Michael Brauchles Freundin ist in der Schleyerhalle mit dabei. So wie immer. Petra Beyrle sitzt nämlich mit auf der Kutsche und gibt dort die Richtung vor. „Sie kennt die Parcours besser als ich und ist eine tolle Unterstützung“, sagt Michael Brauchle. So wie seine ganze Familie.